Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 493

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bewirkt haben“, tritt die Krise ein. Allein abgesehen davon, daß dieses Hilferdingsche Zitat bei Bauer nichts erklären kann, weil es selbst gar keine Erklärung, sondern bloß eine Umschreibung der Krise mit schwierigen Worten darstellt, so platzt jedenfalls dieser Satz mitten in die Bauerschen Spekulationen so ungefähr wie ein Ziegelstein in einen Hühnerhaufen.

Bei Bauer existiert ja in der ganzen Darlegung weder steigende noch sinkende „Nachfrage“ nach Waren, die ein „Steigen der Preise und Profite“ bewirken könnte. Bei Bauer gibt es nur einen Tanz von zwei Figuren: variables Kapital und Proletariat („Bevölkerung”). Die ganze Bewegung der Akkumulation, ihre Mittelachse des „Gleichgewichts“, ihr Auf und Ab um diese Mittelachse ergibt sich lediglich durch die gegenseitige Proportion der beiden Faktoren: variables Kapital und Arbeiterbevölkerung. Von Nachfrage nach Waren, von Warenabsatz und seinen Schwierigkeiten ist bei Bauer gar keine Rede, er erwähnt sie nicht mit einer Silbe. Die Überakkumulation besteht nun demgemäß bei Bauer in nichts anderem als im Überschuß des variablen Kapitals, d. h. der Nachfrage nach Arbeitern im Vergleich mit ihrem natürlichen Wachstum. Dies die einzige „Nachfrage“, die bei Bauer die ganze Zeit über in Betracht kommt. Und daraus soll eine Krise und dazu „eine verheerende“ ausbrechen? Das Kunststück soll uns erst noch vorgemacht werden!

Freilich, freilich, auf der platten Erde, die wir anderen bewohnen, pflegt gleichfalls der Ausbruch der Krise einer Konjunktur zu folgen, in der die Nachfrage nach Arbeitern aufs höchste gespannt und die Löhne im Steigen begriffen sind. Aber auf der Erde ist diese letztere Erscheinung nicht Ursache der Krise, sondern bloß ihr „Sturmvogel“, wie Marx im zweiten Bande des „Kapitals“ sagt[1], bloße Begleiterscheinung anderer Faktoren: nämlich des Verhältnisses von Produktion und Absatzmarkt.

Wie man auch die modernen periodischen Handelskrisen theoretisch aus tieferen Zusammenhängen erklären will, jedenfalls ergeben sie sich in der realen Wirklichkeit für alle wahrnehmbar aus dem Mißverhältnis zwischen Produktion, d. h. Warenangebot, und Absatz, d. h. Nachfrage nach Waren. Bei Bauer dagegen, für den die Frage des Warenabsatzes gar nicht existiert, ergeben sich periodische Krisen aus dem Mißverhältnis zwischen Nachfrage nach Arbeitskraft und natürlicher Fortpflanzung der Arbeiter! Weil die Arbeiter sich nicht so rasch vermehren, wie die steigende Nachfrage des Kapitals erfordert, bricht „eine verheerende Krise“ aus! Der

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[1] Siehe Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24; S. 409 f.