Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 483

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in Nordafrika, Engländer in Indien im 19. Jahrhundert, Deutsche in Südwestafrika im 20. Jahrhundert. Ebenso haben die Kriege des europäischen Kapitals behufs „Erschließung“ Chinas zu periodischen Massenmetzeleien der chinesischen Bevölkerung, also unvermeidlich zur Verlangsamung ihres natürlichen Wachstums geführt.

Während so die Ausbreitung der Basis der Kapitalakkumulation in nichtkapitalistischen Ländern mit teilweiser Ausrottung der Bevölkerung verbunden ist, wird sie in den Ländern, wo die kapitalistische Produktion wurzelt, von anders gearteten Verschiebungen in dem natürlichen Bevölkerungswachstum begleitet.

In den beiden Faktoren des letzteren: Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeit, sehen wir in allen kapitalistischen Ländern zwei entgegengesetzte Bewegungen. Die Zahl der Geburten ist allgemein und nachhaltig im Rückgang begriffen. So betrug die Geburtenzahl pro 1000 Einwohner in Deutschland: 1871–1880 40,7, 1881–1890 38,2, 1891–1900 37,3, 1901 bis 1910 33,9, 1911 29,5, 1912 29,1. Dieselbe Tendenz tritt klar hervor beim Vergleich hochentwickelter kapitalistischer Länder mit zurückgebliebeneren. Auf 1000 Einwohner gab es Geburten (1911 oder 1912) in Deutschland 28,3, in England 23,8, in Belgien 22,6, in Frankreich 19,0, in Portugal 39,5, in Bosnien und Herzegowina 40,3, in Bulgarien 40,6, in Rumänien 43,4, in Rußland 46,8. Von allen Statistikern, Soziologen und Ärzten wird diese Erscheinung auf die Einwirkung des Großstadtlebens, der Fabrikindustrie, die Unsicherheit der Existenz, den kulturellen Aufstieg u. dgl„ kurz, auf die Einwirkungen der kapitalistischen Kultur zurückgeführt.

Gleichzeitig bieten die moderne Entwicklung der Wissenschaft und Technik und derselbe kulturelle Aufstieg Handhaben zur erfolgreichen Bekämpfung der Sterblichkeit. So kamen in Deutschland auf 1000 Einwohner jährlich Sterbefälle 1871–1880 28,8, 1881–1890 26,5, 1891–1900 23,5, 1901–1910 19,7, 1911 18,2, 1912 16,4. Dasselbe Bild ergibt sich aus dem Vergleich hockentwickelter kapitalistischer Länder mit rückständigeren. Die Zahl der Sterbefälle betrug pro 1000 Einwohner (1911 oder 1912) in Frankreich 17,5, in Deutschland 15,6, in Belgien 14,8, in England 13,3, in Rußland 29,8, in Bosnien und Herzegowina 26,1, in Rumänien 22,9, in Portugal 22,5, in Bulgarien 21,8.

Je nachdem jeder der beiden Faktoren stärker wirkt, ergibt sich ein langsamerer oder rascherer Bevölkerungszuwachs. In jedem Fall aber und in jeder Hinsicht ist es die Entwicklung des Kapitalismus mit seinen ökonomischen, sozialen, körperlichen und geistigen Begleiterscheinungen, ist

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