Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 465

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von der zweiten den Rest ihrer Warenmasse abgeben. Und die Kapitalisten der zweiten beantworten diesen Edelmut, um sich nicht lumpen zu lassen, ebenso hochherzig: Sie geben ihren Kollegen das Geschenk sofort zurück und fügen noch den eigenen Rest an Konsumgütern im Wert von 1167 (mit dem sie ja auch nicht wissen wohin) gleichfalls gratis hinzu: da, Leute, nehmt's mit Gott, dann habt ihr gleich variables Kapital, um eure überflüssigen Maschinen in Bewegung zu setzen.

So kommt als letzter Aufzug der Akkumulation in der Abteilung I (nachdem diese „planmäßig“ nach Bauer beendet) doch noch neues konstantes 4666 und variables 1167 Kapital zustande. Und Bauer fügt, zum Publikum gewendet, mit leichtem Lächeln hinzu: voilà. „Somit ist der ganze Produktenwert beider Sphären, also auch der ganze Mehrwert, realisiert.“ (l. c., S. 865.) „In gleicher Weise kann man sich an der Hand der Tabelle IV überzeugen, daß nicht nur im ersten, sondern auch in jedem folgenden Jahre der gesamte Produktenwert beider Sphären ohne Störung abgesetzt, der gesamte Mehrwert realisiert wird. Die Annahme der Genossin Luxemburg, daß der akkumulierte Mehrwertteil nicht realisiert werden könne, ist also falsch.“ (l. c., S. 866.)

Das Resultat ist höchst erfreulich, aber die Manipulation, womit es zustande gebracht, dämpft einigermaßen die Freude. Mit dürren Worten besteht sie in folgendem: Nachdem zur Erneuerung und Erweiterung des Kapitals der Austausch zwischen den beiden Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion vollzogen und beendet ist, bleibt auf seiten der Abteilung I ein unabsetzbarer Rest von Produktionsmitteln im Werte von 4666, und auf seiten der Abteilung II ein ebensolcher Rest von Konsumgütern im Werte von 1167. Was soll man mit den beiden anfangen? Sie zunächst austauschen, wenigstens im Betrage der kleineren Summe? Aber erstens bliebe dann immer noch in der ersten Abteilung ein völlig unabsetzbarer Rest, und wir hätten nur die Zahlen, aber nicht die Verlegenheit vermindert. Zweitens und vor allem: Welchen ökonomischen Sinn und Zweck hätte denn jener Austausch? Was sollte die Abteilung I mit den so erworbenen Konsumgütern für zuschüssige Arbeiter anfangen, da sie nach dem Austausch nicht mehr die genügende Menge Produktionsmittel in der Hand hätte, um jene Arbeiter zu beschäftigen? Und was sollte ebenfalls die zweite Abteilung mit den so erworbenen neuen Produktionsmitteln anfangen, da sie durch eben den Austausch die nötigen Konsumgüter für zuschüssige Arbeiter aus der Hand gegeben hätte? Ein Austausch ist also unmöglich, die beiden Reste im Schema bleiben schlechterdings unabsetzbar.

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