Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 456

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ser Theorie geben zu wollen. Und er führt die Krisen – unter Benutzung einer Äußerung im zweiten Bande des Marxschen „Kapitals“, die den zehnjährigen Zyklus der modernen Industrie zu erklären sucht – hauptsächlich auf die besondere Zirkulationsform des fixen Kapitals zurück. Nicht mit einer Silbe erwähnt Bauer hier die grundlegende Bedeutung des Verhältnisses zwischen Produktionsumfang und Bevölkerungswachstum. Die ganze Bauersche Theorie, die „Tendenz der Anpassung an das Wachstum der Bevölkerung“, die jetzt die Krisen wie die Hochkonjunktur, die Akkumulation wie die internationale Emigration des Kapitals von Land zu Land und endlich auch den Imperialismus erklären soll: jenes übermächtige Gesetz, das den ganzen Mechanismus der kapitalistischen Produktion in Bewegung setzt und „selbsttätig regelt“ – existierte für Bauer wie für die übrige Welt gar nicht! Jetzt, in Beantwortung meines Buches, ist die grundlegende Theorie, welche die Marxschen Schemata erst auf „einwandfreie Grundlage“ stellt, plötzlich aufgetaucht, ad hoc aus dem Ärmel geschüttelt – um das Problem zu lösen, das ja angeblich gar nicht existiertet

Was sollen wir nun von allen anderen „Sachverständigen“ halten? Stellen wir nun in einigen Punkten zusammen, was gesagt worden ist.

Nach Eckstein und Hilferding (wie auch nach Pannekoek) existiert gar kein Problem der Kapitalakkumulation. Alles sei klar, selbstverständlich, wie die Marxschen Schemata „zeigen“. Nur meine bodenlose Unfähigkeit, die Schemata zu begreifen, könne meine Kritik an ihnen erklären. Nach Bauer sind die von Marx verwendeten Zahlen „willkürlich gewählt und nicht frei von Widersprüchen“. Erst er, Bauer, habe jetzt „für Marxens Gedankengang eine angemessene Veranschaulichung“ gefunden und ein „von der Willkür befreites Schema“ aufgestellt.

Nach Eckstein und der Redaktion des „Vorwärts“ muß mein Buch als völlig wertlos „zurückgewiesen werden“, nach dem kleinen „Sachverständigen“ der „Frankfurter Volksstimme“ (1. Februar 1913) ist es sogar „höchst schädlich“. Nach Bauer „ist in der falschen Erklärung doch ein echter Kern verborgen“: sie weise auf die Schranken der Kapitalakkumulation hin. (Neue Zeit, 1913, Nr. 24, S. 873.)

Nach Eckstein und dem „Vorwärts“ hat mein Buch mit dem Imperialismus nicht das geringste zu tun: „Überhaupt hat das Buch mit den neuen Erscheinungen des heute pulsierenden wirtschaftlichen Lebens so wenig zu tun, daß es ebensogut auch vor 20 und mehr Jahren hätte geschrieben werden können.” Nach Bauer deckt meine Untersuchung zwar „nicht die einzige“, „aber in der Tat eine Wurzel des Imperialismus“ auf (l. c., S. 874),

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