„eine einwandfreie Grundlage für die Untersuchung des von der Genossin Luxemburg gestellten Problems gewonnen“ zu haben. (Neue Zeit, 1913, Nr. 23, S. 838.) Vor allem hat Bauer aber begriffen, daß die kapitalistische Produktion sich nicht im blauen Luftraum „ungestört“ drehen kann, er sucht deshalb nach irgendeiner objektiven gesellschaftlichen Grundlage für die Akkumulation des Kapitals, die er schließlich in dem Wachstum der Bevölkerung findet.
Und hier beginnt das Kurioseste. Nach einstimmigem Votum der „Sachverständigen”, unter dem korporativen Segen der Redaktion des Zentralorgans ist mein Buch ein vollendeter Unsinn, plattes Mißverständnis, ein Problem der Akkumulation existiere gar nicht, bei Marx ist schon alles gelöst, die Schemata geben eine genügende Antwort. Nun sieht Bauer sich bemüßigt, seine Schemata doch auf eine etwas materiellere Basis als bloße Regeln der Addition und Subtraktion zu heften: Er faßt ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis ins Auge – das Wachstum der Bevölkerung; nach diesem richten sich seine Tabellen. Die Ausdehnung der kapitalistischen Produktion, wie sie die Schemata bildlich darstellen sollen, ist also nicht eine selbstherrliche Bewegung des Kapitals um die eigene Achse, sondern diese Bewegung folgt bloß dem jeweiligen Wachstum der Bevölkerung:
„Die Akkumulation setzt Ausdehnung des Produktionsfeldes voraus; ausgedehnt wird das Produktionsfeld durch das Wachstum der Bevölkerung.“[1] – „In der kapitalistischen Produktionsweise besteht die Tendenz zur Anpassung der Akkumulation des Kapitals an das Wachstum der Bevölkerung.“ – „Die Tendenz zur Anpassung der Akkumulation an das Bevölkerungswachstum beherrscht die internationalen Beziehungen.“ – „Die kapitalistische Weltwirtschaft als Ganzes betrachtet, wird die Tendenz zur Anpassung der Akkumulation an das Bevölkerungswachstum sichtbar in dem industriellen Zyklus.“ – „Die periodische Wiederkehr der Prosperität, der Krise, der Depression ist der empirische Ausdruck der Tatsache, daß der Mechanismus der kapitalistischen Produktion selbsttätig Überakkumulation und Unterakkumulation aufhebt, die Akkumulation des Kapitals immer wieder dem Wachstum der Bevölkerung anpaßt.“ (Neue Zeit, 1913, Nr. 24, S. 871-873. Alles bei Bauer hervorgehoben.)
Wir werden später an die nähere Prüfung der Bauerschen Bevölkerungstheorie herangehen. Aber soviel ist jedenfalls klar: Diese Theorie stellt an
[1] „Die Erweiterung des Produktionsfelder, die eine Voraussetzung der Akkumulation bildet, ist hier durch das Wachstum der Bevölkerung gegeben.” Otto Bauer: Die Akkumulation des Kapitals. Rezension. In: Die Neue Zeit (Stuttgart), 31. Jg. 1912/13, Erster Band, S. 869.