Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 450

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Wir sehen endlich davon ab, daß die Kautskysche Äußerung, die Konsumtion der Kapitalisten und Arbeiter wachse „nicht rasch genug“ für die Akkumulation, diese daher eines „zusätzlichen Marktes“ bedürfe, ziemlich vag ist und den hier liegenden Haken der Akkumulation nicht exakt zu fassen versucht.

Uns interessiert nur, daß Kautsky hier jedenfalls schwarz auf weiß als seine Meinung und als „allgemein von den orthodoxen Marxisten“ angenommene Theorie erklärt:

daß Kapitalisten und Arbeiter allein für die Akkumulation keinen ausreichenden Markt darstellen;

daß die kapitalistische Akkumulation eines „zusätzlichen Marktes“ in nichtkapitalistischen Schichten und Nationen bedürfe.

Soweit steht fest: Kautsky widerlegte 1902 bei Tugan-Baranowski genau dieselben Behauptungen, die jetzt von den „Sachverständigen“ meiner Akkumulationserklärung entgegengehalten werden, und die „Sachverständigen“ der marxistischen Orthodoxie bekämpfen bei mir als horrende Abirrung vom wahren Glauben genau dieselbe, nur exakt durchgeführte und auf das Problem der Akkumulation angewandte Auffassung, die Kautsky vor nun 14 Jahren dem Revisionisten Tugan-Baranowski als die „allgemein angenommene“ Krisentheorie der orthodoxen Marxisten entgegenhielt.

Und wie beweist Kautsky seinem Widerpart die Unhaltbarkeit von dessen Thesen? Just auf Grund der Marxschen Schemata? Kautsky zeigt seinem Tugan, daß diese Schemata bei richtiger Handhabung – ich habe in meinem Buche näher beleuchtet und will hier dahingestellt sein lassen, wie Kautsky selbst mit den Schemata operiert – nicht die Tugan-Baranowskische These beweisen, vielmehr im Gegenteil ein Beleg für die Theorie von den Krisen aus „Unterkonsumtion“ seien.

Die Welt wankt in ihren Grundfesten. Sollte der Obersachverständige am Ende auch „Wesen, Zweck und Bedeutung der Marxschen Schemata“ viel gründlicher als Tugan-Baranowski „verkannt“ haben?

Aber Kautsky zieht aus der Tugan-Baranowskischen Auffassung interessante Konsequenzen. Daß die Auffassung nach Kautskys Aussage der Marxschen Krisentheorie schnurstracks zuwiderläuft, daß sie ferner die Kapitalausfuhr nach nichtkapitalistischen Ländern unbegreiflich erscheinen läßt, haben wir bereits angeführt. Jetzt noch die allgemeine Tendenz jener Position:

„Welchen praktischen Wert haben ... unsere theoretischen Differenzen?“ fragt Kautsky. „Ob die Krisen in der Unterkonsumtion oder in der

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