Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 441

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im ganzen? Durchaus nicht. Denn bei gesellschaftlicher Betrachtung der Dinge „muß man“, sagt Marx, „nicht in die von Proudhon der bürgerlichen Ökonomie nachgemachte Manier verfallen und die Sache so betrachten„ als wenn eine Gesellschaft kapitalistischer Produktionsweise, en bloc, als Totalität betrachtet, diesen ihren spezifischen, historisch ökonomischen Charakter verlöre. Umgekehrt. Man hat es dann mit dem Gesamtkapitalisten zu tun.“ (Kapital, Bd. II, S. 409.) [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 431.1 Nun ist die Anhäufung des Profits als Geldkapital gerade ein spezifischer und ganz wesentlicher Charakter der kapitalistischen Produktion und gilt für die Klasse so gut wie für den einzelnen Unternehmer. Marx unterstreicht auch selbst gerade bei Betrachtung der Akkumulation des Gesamtkapitals „die die wirkliche Akkumulation begleitende und bei kapitalistischer Produktion sie bedingende Bildung von neuem Geldkapital.“ [Hervorhebung – R. L.] (Kapital, Bd. II, S. 485.) [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 503.] Und er kehrt im Laufe seiner Untersuchung immer wieder zu der Frage zurück: Wie ist Akkumulation von Geldkapital bei der Klasse der Kapitalisten möglich?

Prüfen wir nun von diesem Standpunkte die geistreiche Auffassung der „Sachverständigen“ nach. Kapitalist A verkauft seine Waren an B, erhält also einen Mehrwert in Geld von B. Dieser verkauft seine Waren an A und erhält zur Vergoldung des eigenen Mehrwerts das Geld wieder von A zurück. Beide verkaufen ihre Waren an C und bekommen also auch für ihren Mehrwert die Geldsumme von demselben C. Dieser aber woher? Von A und B. Andere Quellen zur Realisierung des Mehrwerts, d. h. andere Konsumenten der Waren, gibt es ja nach der Voraussetzung nicht. Kann nun aber auf diese Weise Bereicherung des A, B und C in Bildung neuen Geldkapitals bei ihnen stattfinden? Nehmen wir für einen Augenblick an, die zum Austausch bestimmten Warenmassen wachsen bei allen dreien, die Erweiterung der Produktion fände ungestört statt und damit mögen die in Waren dargestellten Mehrwertmassen wachsen. Die Ausbeutung sei vollzogen, die Möglichkeit der Bereicherung, der Akkumulation, sei da. Damit aber die Möglichkeit zur Wirklichkeit wird, ist der Austausch, die Realisierung des gewachsenen neuen Mehrwerts in gewachsenem neuem Geldkapital nötig. Wohlgemerkt, wir fragen hier nicht, wie Marx mehrmals im Laufe des zweiten Bandes des „Kapitals“: Wo kommt das Geld zur Zirkulation des Mehrwertes her?, um darauf schließlich zu antworten: vom Goldgräber. Wir fragen vielmehr: Wie kommt

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