Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 437

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Bauer hat bloß nicht bemerkt, daß es, um zu diesem glänzenden Resultat zu gelangen, gar nicht so langer und eingehender Berechnungen mit vier Tabellen, mit breiten und länglichen, eiförmig eingeklammerten und vierstöckigen Formeln bedurft hätte. Das Resultat, zu dem Bauer gelangt, ergibt sich nämlich gar nicht aus seinen Tabellen, sondern es wird einfach von ihm als gegeben angenommen. Bauer setzt das, was zu beweisen war, einfach voraus, darin besteht seine ganze „Beweisführung“.

Wenn die Kapitalisten die Produktion erweitern wollen, und zwar fast um so viel, wie sie an zuschüssigem Kapital besitzen, dann brauchen sie nur dieses zuschüssige Kapital in ihre eigene Produktion zu stecken (vorausgesetzt freilich, daß sie gerade alle benötigten Produktions- und Lebensmittel selbst herstellen!), und dann bleibt ihnen kein unverkäuflicher Überschuß an Waren übrig; kann es etwas Einfacheres geben, und braucht man irgendwelchen Formelkram mit lateinischen und griechischen Buchstaben, um etwas so Selbstverständliches noch zu „beweisen“?

Aber es kam ja darauf an, ob die Kapitalisten, die sicher immer akkumulieren „wollen“, es auch können, d. h„ ob sie für eine erweiterte Produktion einen fortschreitend erweiterten Absatzmarkt finden und wo sie ihn finden? Und darauf können keine arithmetischen Operationen mit fingierten Zahlen auf dem Papier Antwort geben, sondern nur die Analyse der ökonomischen gesellschaftlichen Zusammenhänge der Produktion.

Fragt man die „Sachverständigen“: „Ja, daß die Kapitalisten die Produktion erweitern ,wollen‘, ist schön und gut, aber an wen werden sie dann ihre erweiterte Warenmenge verkaufen?“ so antworten sie: „Die Kapitalisten werden eben immer wieder selbst diese wachsenden Warenmengen für ihre Betriebe abnehmen, weil sie ja die Produktion immer wieder erweitern ,wollen‘.“

„Und wer die Produkte kauft, das zeigen eben die Schemata“, erklärt lapidar der „Vorwärts“-Rezensent, G. Eckstein.[1]

Kurz und gut: Die Kapitalisten erweitern eben jedes Jahr gerade um so viel die Produktion, wie sie an Mehrwert „aufgespart“ haben, sie sind ihre eigenen Abnehmer, und deshalb bereitet ihnen der Absatzmarkt gar keine Sorgen. Diese Behauptung ist der Ausgangspunkt der ganzen „Beweisführung“. Eine solche Behauptung bedarf aber gar keiner mathematischen Formulierung und kann durch eine solche absolut nicht bewiesen werden. Die naive Vorstellung selbst, als ob mathematische Formeln hier

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[1] Ebenso A. Pannekoek in der „Bremer Bürger-Zeitung” vom 29. Januar 1913: „Die Antwort gibt das Schema selbst in der einfachsten Weise, denn alle Produkte finden dort (d. h. auf dem Papier der „Bremer Bürger-Zeitung” – R. L.) Absatz. Die Abnehmer sind die Kapitalisten und Arbeiter selbst ... Es liegt also gar kein Problem vor, das zu lösen wäre.”