Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 425

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noch zur Erhaltung der Arbeiter und Kapitalisten bestimmt ist; alles dies haben wir bereits erledigt. Es wird eine Portion Waren sein, die jenen unschätzbaren Teil des aus den Arbeitern ausgepreßten Mehrwerts enthalten, der so eigentlich den Lebenszweck des Kapitals darstellt: den zur Kapitalisierung, zur Akkumulation bestimmten Profit. Welcher Art Waren sind das nun, und wer in der Gesellschaft hat für sie Bedarf, d. h„ wer nimmt sie den Kapitalisten ab, um ihnen endlich zu dem wichtigsten Teil des Profits in blankem Gold zu verhelfen?

Hier sind wir an den Kern des Akkumulationsproblems gelangt und müssen alle Versuche seiner Lösung prüfen.

Können es vielleicht die Arbeiter sein, die die letzte Portion Waren vom gesellschaftlichen Warenlager abnehmen? Aber die Arbeiter besitzen gar keine Kaufmittel außer den ihnen von den Unternehmern eingehändigten Löhnen und entnehmen im Ausmaß dieser Löhne nur den ihnen knapp zugewiesenen Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts. Darüber hinaus können sie nicht um einen Deut Abnehmer von kapitalistischen Waren sein, soviel sie noch an unbefriedigten Lebensbedürfnissen haben mögen. Auch geht das Bestreben und das Interesse der Kapitalistenklasse dahin, diese von den Arbeitern konsumierte Portion des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und die Kaufmittel dafür möglichst knapp, nicht möglichst reichlich zu bemessen. Denn vom Standpunkt der Kapitalisten als Gesamtklasse – es ist sehr wichtig, diesen Standpunkt im Unterschied von den krausen Vorstellungen des Einzelkapitalisten festzuhalten – sind die Arbeiter für sie nicht Warenabnehmer, nicht „Kunden“ wie andere, sondern bloß Arbeitskraft, deren Erhaltung aus einem Teil ihres eigenen Produkts traurige Notwendigkeit ist, die auf das jeweilig sozial zulässige Mindestmaß reduziert wird.

Können vielleicht die Kapitalisten selbst Abnehmer für jene letzte Portion ihrer gesellschaftlichen Warenmasse sein, indem sie die eigene Privatkonsumtion erweitern? Machbar wäre die Sache vielleicht schon, obwohl für den Luxus der herrschenden Klasse mit Einfluß selbst jeglicher Narretei auch ohnehin reichlich gesorgt ist. Allein, wenn die Kapitalisten den gesamten aus ihren Arbeitern ausgepreßten Mehrwert selbst restlos verjubeln würden, so würde aus der Akkumulation eben nichts werden. Wir hätten dann den vom Standpunkt des Kapitals ganz phantastischen Rückfall in eine modernisierte Art Sklavenwirtschaft oder Feudalismus. Nun ist zwar Umgekehrtes wohl denkbar und wird gelegentlich fleißig praktiziert: Kapitalistische Akkumulation mit Ausbeutungsformen der Sklaverei oder Leibeigenschaft haben wir bis zu den sechziger Jahren des vorigen Jahr-

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