Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 423

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/423

liche Austausch muß durch Geld vermittelt werden, und die zu diesem Behufe erforderliche Geldmenge müssen abermals die Kapitalisten selbst in Umlauf werfen – handelt es sich doch wieder, wie bei der Erneuerung des konstanten Kapitals, um eine innere, häusliche Angelegenheit der Unternehmerklasse. Und wiederum kehrt nach vollzogenem Austausch auch diese Geldsumme immer wieder in die Tasche der Gesamtklasse der Kapitalisten zurück, aus der sie gekommen.

Daß jedes Jahr die notwendige Portion Lebensmittel mit dem nötigen Luxus für die Kapitalisten auch tatsächlich hergestellt wird, dafür sorgt derselbe Mechanismus der kapitalistischen Ausbeutung, der überhaupt das Lohnverhältnis regelt. Würden die Arbeiter nur so viel Lebensmittel herstellen, wie zu ihrer eigenen Erhaltung erforderlich, dann wäre ihre Beschäftigung vom Standpunkt des Kapitals eine Sinnlosigkeit. Sie beginnt erst Sinn zu kriegen, wenn der Arbeiter über die eigene Erhaltung hinaus, die seinem Lohn entspricht, auch noch die Erhaltung seiner „Brotgeber“ besorgt, d. h. für den Kapitalisten nach der Marxschen Bezeichnung „Mehrwert“ schafft. Und dieser Mehrwert muß unter anderem dazu dienen, die Kapitalistenklasse wie jede Ausbeuterklasse in den früheren Geschichtsperioden mit dem nötigen Lebensunterhalt und Luxus zu versehen. Den Kapitalisten bleibt dann noch die besondere Mühe übrig, durch gegenseitigen Austausch der entsprechenden Waren und die Bereitstellung der hierfür nötigen Geldmittel die dornen- und entsagungsvolle Existenz der eigenen Klasse sowie ihre natürliche Fortpflanzung zu besorgen.

Damit wären in unserem gesellschaftlichen Gesamtwarenbrei vorerst zwei große Portionen erledigt: Produktionsmittel zur Erneuerung des Arbeitsprozesses und Lebensmittel zur Erhaltung der Bevölkerung, d. h. einerseits der Arbeiterklasse und andererseits der Kapitalistenklasse.

Wohlgemerkt, es kann leicht den Anschein haben, als ob wir mit dem bisherigen ein reines Phantasiegebilde zeichneten. Wo weiß heute ein Kapitalist, und welcher Kapitalist kümmert sich überhaupt darum, was und wieviel zum Ersatz des verbrauchten Gesamtkapitals, zur Ernährung der gesamten Arbeiterklasse oder Kapitalistenklasse nötig ist? Produziert doch jeder Unternehmer blindlings darauf los, um die Wette mit anderen, und sieht doch jeder gerade nur, was vor seiner Nase vorgeht. Allein in all dem wirren Durcheinander der Konkurrenz und der Anarchie gibt es offenbar schließlich unsichtbare Regeln, die sich durchsetzen, sonst wäre die kapitalistische Gesellschaft schon längst in Trümmer gegangen. Und es ist der ganze Sinn der Nationalökonomie als Wissenschaft wie namentlich der bewußte Zweck der Marxschen ökonomischen Lehre, jene verbor-

Nächste Seite »