Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 421

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/421

jede Produktionsform, um die Fortexistenz der Gesellschaft, also ihre weitere Arbeit zu ermöglichen, jedesmal zum Ersatz der jeweilig verbrauchten neue Produktionsmittel: Rohstoffe, Werkzeuge, Arbeitsgebäude usw„ herstellen. Ohne die Befriedigung dieser beiden elementarsten Bedürfnisse jeder menschlichen Gesellschaft wäre Kulturentwicklung und Fortschritt unmöglich. Und diesen elementaren Anforderungen muß auch die kapitalistische Produktion, durch alle Anarchie und unbeschadet aller Profitinteressen, im ganzen Rechnung tragen.

Dementsprechend werden wir in jenem kapitalistischen Gesamtwarenlager, das wir uns vorgestellt haben, vor allem eine große Portion Waren vorfinden, die den Ersatz der im letzten Jahre verbrauchten Produktionsmittel darstellt. Das sind die neuen Rohstoffe, Maschinen, Baulichkeiten usw. (oder das, was Marx „konstantes Kapital“ nennt), welche die verschiedenen Kapitalisten füreinander in ihren Betrieben herstellen und die sie alle untereinander austauschen müssen, damit die Produktion in allen Betrieben in ihrem früheren Umfang wieder aufgenommen werden kann. Da es (nach unserer bisherigen Annahme) die kapitalistischen Betriebe sind, die alle benötigten Produktionsmittel für den Arbeitsprozeß der Gesellschaft selbst liefern, so ist der Austausch der entsprechenden Waren auf dem Markte auch nur sozusagen eine innere, häusliche Angelegenheit der Kapitalisten untereinander. Das Geld, das dazu erforderlich ist, um allseitig diesen Warenaustausch zu vermitteln, kommt natürlich aus der Tasche der Kapitalistenklasse selbst – da ja jeder Unternehmer über das entsprechende Geldkapital für seinen Betrieb im voraus verfügen muß – und kehrt ebenso natürlich nach vollzogenem Austausch vom Markte in die Tasche der Kapitalistenklasse zurück.

Da wir hier nur die Erneuerung der Produktionsmittel in früherem Umfang in Betracht ziehen, so genügt auch jahrein, jahraus dieselbe Geldsumme, um periodisch die gegenseitige Versorgung der Kapitalisten mit Produktionsmitteln zu vermitteln und immer wieder zu einer Ruhepause in ihre Taschen zurückzukehren.

Eine zweite große Abteilung der kapitalistischen Warenmasse muß, wie in jeder Gesellschaft, die Lebensmittel der Bevölkerung enthalten. Aber wie gliedert sich in der kapitalistischen Gesellschaftsform die Bevölkerung, und wie kommt sie zu ihren Lebensmitteln? Zwei Grundformen charakterisieren die kapitalistische Produktionsweise. Erstens allgemeiner Warenaustausch, und das heißt in diesem Fall, daß niemand von der Bevölkerung das geringste Lebensmittel aus der gesellschaftlichen Warenmasse erhält, der nicht Kaufmittel, Geld, zu ihrem Ankauf besitzt. Zwei-

Nächste Seite »