Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 387

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Von 1893 bis 1910 hat die türkische Regierung an Zuschuß geleistet: für die Bahn Haidar-Pascha–Angora 48,7 Millionen Franc, für die Eski-Schehr–Konia–Strecke 1,8 Millionen türkische Pfund, zusammen also zirka 90,8 Millionen Franc.[1] Endlich durch die Konzession von 1907 sind der Gesellschaft die Arbeiten für die Trockenlegung des Sees von Karaviran und die Bewässerung der Koniaebene übertragen worden. Diese Arbeiten sind für die Rechnung der Regierung innerhalb sechs Jahren auszuführen. Diesmal streckt die Gesellschaft der Regierung die erforderlichen Kapitalien vor bis zur Höhe von 19,5 Millionen Franc, mit 5 Prozent Verzinsung und Rückzahlung binnen 36 Jahren. Dafür hat die türkische Regierung verpfändet: 1. 25 000 türkische Pfund pro Jahr aus den Überschüssen der für den Dienst der Kilometergarantien und verschiedener Anleihen verpfändeten Zehnten, die unter der Verwaltung der Administration de la Dette Publique Ottomane stehen; 2. die auf den bewässerten Ländereien erzielten Mehrerträgnisse an Zehnten im Vergleich zu dem in den letzten fünf Jahren vor der Konzession erbrachten Durchschnittsertrage; 3. die aus dem Betriebe der Irrigationsanlagen sich ergebenden Nettoeinnahmen; 4. den Ertrag des Verkaufs der trockengelegten oder bewässerten Ländereien. Zur Ausführung der Anlagen hat die Gesellschaft in Frankfurt a. M. eine Baugesellschaft „für die Bewässerung der Koniaebene“ mit einem Kapital von 135 Millionen Franc gegründet.

1908 erhielt die Gesellschaft eine Konzession für die Verlängerung der Koniabahn bis Bagdad und zum Persischen Golf, wieder mit Kilometergarantie.

Die 4prozentige Bagdadbahnanleihe in drei Serien (54, 108 und 119 Millionen Franc), die als Zahlung für den Kilometerzuschuß aufgenommen wurde, ist sichergestellt durch die Verpfändung der Zehnten der Wilajets Aidin, Bagdad, Mossul, Diarbekr, Urfa und Aleppo, durch die Verpfändung der Hammelsteuer der Wilajets Konia, Adana und Aleppo u. a.[2]

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[1] Saling: Börsenjahrbuch 1911/12, S. 2211. – [Fußnote im Original]

[2] Siehe Saling: l. c., S. 360 u. 361.

Über den gesamten Zuschuß zum Eisenbahnbau in der Türkei, den die türkische Regierung dem internationalen Kapital leisten mußte, gibt der Ingenieur Pressel aus Württemberg, der an diesen Geschäften in der europäischen Türkei als Gehilfe des Barons von Hirsch zum Teil selbst tätig war, die folgende hübsche Rechnung:

Die drei Linien der europäischen Türkei

Das bis 1900 ausgeführte Netz d asiatischen Türkei

Kommissionen und andere an die Dette Publique bezahlte Kosten im Dienste der Kilometergarantie

Länge Kilometer Bezahlte Garantie Fr.
1888,8 33099352
2513,2 53811538
9351209
________________________________________
Zusammen 96262099

Dies alles wohlgemerkt nur bis Ende 1899, seit welchem Datum die Kilometergarantie zum Teil erst gezahlt wird. Von den 74 Sandschaks der asiatischen Türkei waren schon damals nicht weniger als 28 mit ihren Zehnten für die Kilometergarantie verpfändet. Und mit all diesem Zuschuß waren seit dem Jahre 1856 bis 1900 im ganzen 2513 Kilometer in der asiatischen Türkei geschaffen. (Siehe W. von Pressel: Les chemins de fer en Turquie d'Asie, Zürich 1900, S. 59.)

Von den Manipulationen der Eisenbahngesellschaften auf Kosten der Türkei gibt Pressel als Sachverständiger übrigens die folgende Probe:

Er behauptet, daß die Anatolische Gesellschaft in der Konzession von 1893 erst die Bahn über Angora nach Bagdad zu leiten versprach, dann die Unausführbarkeit ihres eigenen Planes erklärte, um diese durch Kilometergarantie sichergestellte Linie ihrem Schicksal zu überlassen und eine andere Route über Konia in Angriff zu nehmen. „Im Augenblick, wo es den Gesellschaften gelungen sein wird, die Linie Smyrna–Aidin–Diner zu erwerben, werden sie die Verlängerung bis zur Linie Konia fordern. Und nachdem diese Zweiglinie vollzogen sein wird, werden die Gesellschaften Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um den Warenverkehr zu zwingen, diese neue Route zu nehmen, die keine Kilometergarantie hat und die, was noch wichtiger, in keinem Fall ihre Einkünfte mit der Regierung teilen muß, während die anderen Linien von einer gewissen Höhe der Bruttoeinnahmen einen Teil des Überschusses an die Regierung abführen müssen; Resultat: Die Regierung wird an der Linie Aidin nichts einnehmen, und die Gesellschaften werden Millionen einstreichen. Die Regierung wird für die Linien Kassaba und Angora fast den ganzen Betrag der Kilometergarantie zahlen und wird nicht erhoffen dürfen, von dem ihr im Vertrag zugesicherten 25prozentigen Anteil an dem Überschuß über 15 000 Franc Bruttoeinnahme je profitieren zu können.“ (l. c., S. 7.) – [Fußnote im Original]