Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 362

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/362

Besitz. Die Matabele und Maschona rafften sich noch zu einem Verzweiflungskampf auf, aber die Gesellschaft, mit Rhodes an der Spitze, erstickte den Aufstand erst im Blute, um dann das probate Mittel der Zivilisierung und Pazifizierung der Eingeborenen anzuwenden: zwei große Eisenbahnen wurden im aufrührerischen Gebiet gebaut.

Den Burenrepubliken wurde in dieser plötzlichen Umklammerung immer schwüler. Aber auch im Innern ging alles drunter und drüber. Der mächtige Strom der Einwanderung und die Wellen der neuen fieberhaften Kapitalswirtschaft drohten alsbald die Schranken der kleinen Bauernstaaten zu sprengen. Der Widerspruch zwischen der Bauernwirtschaft auf dem Felde wie im Staate und den Anforderungen und Bedürfnissen der Kapitalakkumulation war in der Tat ein schreiender. Auf Schritt und Tritt versagten die Republiken gegenüber den neuen Aufgaben. Unbeholfenheit und Primitivität der Administration, die ständige Kafferngefahr, die wohl von England nicht mit scheelen Blicken angesehen war, Korruption, die sich in den Volksraad eingeschlichen hatte und durch Bestechung den Willen der Großkapitalisten durchsetzte, das Fehlen der Sicherheitspolizei, um die zuchtlose Gesellschaft der Glücksritter im Zaume zu halten, Mangel an Wasserzufuhr und Verkehrsmitteln zur Versorgung einer plötzlich aufgeschossenen Kolonie von 100 000 Einwanderern, mangelnde Arbeitergesetze, um die Ausbeutung der Neger im Bergbau zu regeln und zu sichern, hohe Schutzzölle, die den Kapitalisten die Arbeitskraft verteuerten, hohe Frachten für Kohle – alles das fügte sich zu einem plötzlichen und betäubenden Bankrott der Bauernrepubliken zusammen.

In ihrer plumpen Borniertheit wehrten sie sich gegen die Schlamm- und Lavaflut des Kapitalismus, die sie verschlang, durch das denkbar primitivste Mittel, das nur im Arsenal der dickköpfigen und starren Bauern zu finden war: Sie schlossen die Masse der „Uitlander“, die sie an Zahl weitaus übertraf und ihnen gegenüber das Kapital, die Macht, den Zug der Zeit vertrat, von jeglichen politischen Rechten aus! Aber das war nur ein schlechter Spaß, und die Zeiten waren ernst. Die Dividenden litten empfindlich unter der bäuerlich-republikanischen Mißwirtschaft und konnten sie nicht länger dulden. Das Grubenkapital revoltierte. Die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft baute Eisenbahnen, warf Kaffern nieder, organisierte Aufstände der Uitlander, provozierte endlich den Burenkrieg[1]. Die Stunde der Bauernwirtschaft hatte geschlagen. In den Vereinig-

Nächste Seite »



[1] Nach der Entdeckung von Goldfeldern in Transvaal hatte England im Oktober 1899 einen Krieg gegen die Burenrepublik in Südafrika provoziert. Nach anfänglichen militärischen Schwierigkeiten gelang es dem englischen Imperialismus durch einen brutalen Unterdrückungsfeldzug, die Buren im Mai 1902 der britischen Herrschaft zu unterwerfen.