Buren vertraten die veraltete Sklaverei im kleinen als Grundlage einer patriarchalischen Bauernwirtschaft, die englische Bourgeoisie – die moderne großangelegte kapitalistische Ausbeutung des Landes und der Eingeborenen. Das Grundgesetz der Transvaalrepublik erklärte mit bornierter Schroffheit: „Das Volk duldet keine Gleichheit zwischen Weißen und Schwarzen weder im Staat noch in der Kirche.“ In Oranje und in Transvaal durfte kein Neger Land besitzen und ohne Paß reisen oder sich bei Dunkelheit auf der Straße sehen lassen. Bryce erzählt einen Fall, wo ein Bauer (und zwar ein Engländer) im östlichen Kapland seinen Kaffer zu Tode gepeitscht hatte. Als der Bauer, vor Gericht gestellt, freigesprochen wurde, brachten ihn seine Nachbarn mit Musik nach Haus. Häufig suchten sich die Weißen auch der Löhnung an freie eingeborene Arbeiter dadurch zu entziehen, daß sie sie nach getaner Arbeit durch Mißhandlungen zur Flucht zwangen.
Die englische Regierung befolgte die gerade entgegengesetzte Taktik. Sie trat lange Zeit als die Beschützerin der Eingeborenen auf, umschmeichelte namentlich die Häuptlinge, stützte ihre Autorität und suchte ihnen das Recht der Disposition über Ländereien zu oktroyieren. Ja, sie machte die Häuptlinge, soweit es ging, nach bewährter Methode zu Eigentümern des Stammlandes, obwohl dies dem Herkommen und den tatsächlichen sozialen Verhältnissen der Neger ins Gesicht schlug. Das Land war nämlich bei sämtlichen Stämmen Gemeineigentum, und selbst die grausamsten, despotischsten Herrscher, wie der Matabelehäuptling Lobengula, hatten nur das Recht und die Pflicht, jeder Familie eine Parzelle zum Anbau anzuweisen, die auch nur so lange im Besitze der Familie blieb, wie sie tatsächlich bearbeitet wurde. Der Endzweck der englischen Politik war klar: Sie bereitete von langer Hand den Landraub im großen Stil vor, wobei sie die Häuptlinge der Eingeborenen selbst zu ihren Werkzeugen machte. Vorerst beschränkte sie sich auf die „Pazifizierung“ der Neger durch große militärische Aktionen. Neun blutige Kaffernkriege wurden bis 1879 durchgeführt, um den Widerstand der Bantus zu brechen.
Offen und mit aller Energie rückte das englische Kapital mit seinen eigentlichen Absichten erst heraus, als zwei wichtige Ereignisse: die Entdeckung der Diamantfelder Kimberleys 1867/70 und die Entdeckung der Goldminen Transvaals 1882/85, eine neue Epoche in der Geschichte Südafrikas eröffneten. Bald trat die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft, d. h. Cecil Rhodes in Aktion. In der öffentlichen Meinung Englands vollzog sich ein rapider Umschwung. Die Gier nach den südafrikanischen Schätzen trieb die englische Regierung zu energischen Schritten an. Keine