Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 339

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blühenden Fluren stand.“[1] Am 25. August 1841 erschienen die Engländer vor der Stadt Amoy, deren Forts mit mehreren hundert Kanonen größten chinesischen Kalibers armiert waren. Bei der fast gänzlichen Untauglichkeit dieser Geschütze sowie der Unbeholfenheit der Kommandierenden war die Einnahme des Hafens wieder ein Kinderspiel. Die englischen Schiffe näherten sich unter fortgesetztem Feuern den Wällen von Kulangsu, dann landeten die Seesoldaten und vertrieben nach kurzem Widerstand die chinesischen Truppen. Die Engländer erbeuteten dabei im Hafen 26 Kriegsdschunken mit 128 Geschützen, die von der Mannschaft verlassen waren. Bei einer Batterie leisteten die Tataren dem vereinigten Feuer von fünf englischen Schiffen heldenhaften Widerstand, die gelandeten Engländer fielen ihnen aber in den Rücken und richteten unter ihnen ein vernichtendes Blutbad an.

So endete der glorreiche Opiumkrieg. Im Friedensschluß vom 27. August 1842 bekamen die Engländer die Insel Hongkong, ferner mußten Kanton, Amoy, Fu-Tschou, Ningpo und Schanghai dem Handel erschlossen werden. Fünfzehn Jahre später erfolgte der zweite Krieg gegen China, wobei diesmal die Engländer gemeinsam mit Franzosen vorgingen, 1857 wurde Kanton durch die verbündete Flotte ebenso heldenhaft wie im ersten Kriege erstürmt. Im Frieden von Tientsin 1858 wurde der Opiumeinfuhr, dem europäischen Handel und den Missionen Zutritt ins Innere des Landes gewährt. Schon 1859 eröffneten die Engländer von neuem die Feindseligkeiten und beschlossen, die Befestigungen der Chinesen am Peiho zu zerstören, wurden aber nach einer mörderischen Schlacht mit 464 Toten und Verwundeten zurückgeschlagen.[2] Jetzt operierten England und

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[1] Scheibert: l. c., S. 207. – [Fußnote im Original]

[2] Ein kaiserliches Edikt vom 3. Tage des B. Mondes im 10. Jahre Hsien-Feng (6. September 1860) sagt u. a.: „Wir haben weder England noch Frankreich jemals untersagt, mit China Handel zu treiben, und lange Jahre hat zwischen jenen und uns Friede gewaltet. Aber vor drei Jahren sind die Engländer in übler Absicht in unsere Stadt Kanton eingedrungen und haben unsere Beamten in Gefangenschaft hinweggeführt. Wir sahen damals von Wiedervergeltung und Maßregeln ab, weil wir anzuerkennen gezwungen waren, daß die Hartnäckigkeit des Vizekönigs Yeh in gewissem Grade eine Veranlassung zu den Feindseligkeiten gegeben hatte. Vor zwei Jahren kam der Barbarenanführer Elgin gen Norden, und wir befahlen dem Vizekönig von Tschi-li, T’an Ting-Hsiang, die Sachlage zu prüfen, ehe man zu Unterhandlungen schritte. Aber der Barbar benutzte unsere unvorbereitete Lage, griff die Takuforts an und ging auf Tientsin vor. Besorgt, unserem Volke die Kriegsschrecknisse zu ersparen, sahen wir abermals von Vergeltung ab und befahlen dem Kuei-Liang, über Frieden zu verhandeln. Trotz der schmählichen Forderungen der Barbaren befahlen wir dem Kuei-Liang darauf, sich nach Schanghai wegen des vorgeschlagenen Handelsvertrages zu begeben, und haben sogar dessen Ratifikation als Zeichen unserer bona fides verstattet.

Dessen nicht geachtet, entwickelte der Barbarenführer Bruce neuerdings eine Halsstarrigkeit unvernünftigster Art und erschien im 8. Monde mit einem Geschwader von Kriegsschiffen auf der Takureede. Daraufhin griff ihn Seng Ko Liu Ch’in heftig an und zwang ihn zu schleunigem Rückzug. Aus allem diesem geht hervor, daß China keinen Vertrauensbruch begangen hat und daß die Barbaren im Unrecht gewesen sind. Im laufenden Jahre sind nun die Barbarenchefs Elgin und Gros neuerlich an unseren Küsten erschienen, aber China, unlustig, zu äußersten Maßregeln zu greifen, gestattete ihnen die Landung und ihren Besuch in Peking zwecks Ratifikation des Vertrages.

Wer hätte es glauben können, daß während dieser ganzen Zeit die Barbaren nichts als Ränke gesponnen haben, daß sie ein Heer von Soldaten und Artillerie mit sich führten, mit denen sie die Takuforts von rückwärts angegriffen haben und nach Vertreibung der Besatzung auf Tientsin marschiert sind!“ (China unter der Kaiserin-Witwe, Berlin 1912, S. 25. Vgl. auch in dem genannten Werk das ganze Kapitel „Die Flucht nach Jehol“.) – Im Original mit **.