Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 328

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riet, daß sich sämtliche Staatsumwälzungen Frankreichs im 19. Jahrhundert um ein und dasselbe Grundinteresse: um die Herrschaft der kapitalistischen Bourgeoisie und ihrer Eigentumsform, drehten.

„Die Ihrem Studium unterbreitete Gesetzesvorlage“, sagte der Abgeordnete Humbert am 30. Juni 1873 in der Sitzung der französischen Nationalversammlung als Berichterstatter der Kommission zur Ordnung der Agrarverhältnisse in Algerien, „ist nicht mehr als die Krönung des Gebäudes, dessen Fundament durch eine ganze Reihe von Ordonnanzen, Dekreten, Gesetzen und Senatuskonsulten gelegt war, die alle zusammen und jedes insbesondere ein und dasselbe Ziel verfolgen: die Etablierung des Privateigentums bei den Arabern.“ Die planmäßige, bewußte Vernichtung und Aufteilung des Gemeineigentums, das war der unverrückbare Pol, nach dem sich der Kompaß der französischen Kolonialpolitik ungeachtet aller Stürme im inneren Staatsleben während eines halben Jahrhunderts richtete, und zwar aus dem folgenden klar erkannten Doppelinteresse. Die Vernichtung des Gemeineigentums sollte vor allem die Macht der arabischen Geschlechter als sozialer Verbände zertrümmern und damit ihren hartnäckigen Widerstand gegen das französische Joch brechen, der sich trotz aller Militärübermacht Frankreichs in unaufhörlichen Rebellionen der Stämme kundtat und einen unaufhörlichen Kriegszustand in der Kolonie zur Folge hatte.[1] Ferner war der Ruin des Gemeineigentums eine Vorbedingung, um in den wirtschaftlichen Genuß des eroberten Landes zu treten, d. h. den seit einem Jahrtausend von den Arabern besessenen Grund und Boden ihren Händen zu entreißen und in die Hände französischer Kapitalisten zu bringen. Zu diesem Behufe diente vor allem dieselbe uns schon bekannte Fiktion, wonach der gesamte Grund und Boden nach muselmännischem Gesetz Eigentum des jeweiligen Herrschers wäre. Genau wie die Engländer in Britisch-Indien erklärten die Gouverneure Louis-Philippes in Algerien die Existenz eines Gemeineigentums ganzer Geschlechter für eine „Unmöglichkeit“. Auf Grund dieser Fiktion wurden die meisten unbebauten Ländereien, namentlich aber die Almenden, Wälder und Wiesen für Staatseigentum erklärt und zu Kolonisationszwecken verwendet. Es kam ein ganzes System der Ansiedelungen, die sog. Cantonnements, auf, bei dem inmitten der Geschlechterländereien französische Kolonisten gesetzt, die Stämme selbst aber auf einem minimalen Gebiet zusammengepfercht werden sollten. Durch Er-

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[1] „Wir müssen uns beeilen“, erklärte in der Nationalversammlung 1851 der Abgeordnete Didier als Berichterstatter, „die Geschlechtsverbände aufzulösen, denn sie sind der Hebel jeder Opposition gegen unsere Herrschaft.“ – [Fußnote im Original]