Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 323

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Bauerngemeinden, um hinterdrein die Bauern gegen diese Bedrücker zu schützen und das „widerrechtlich usurpierte Land“ in die Hände englischer Kapitalisten zu bringen.

So entstand in Indien in kurzer Zeit der Großgrundbesitz, während die Bauern auf enormen Strecken in eine verarmte, proletarisierte Masse kleiner Pächter mit kurzen Pachtfristen verwandelt wurden.

Endlich kam noch in einem markanten Umstand die spezifische Kapitalmethode der Kolonisation zum Ausdruck. Die Engländer waren die ersten Eroberer Indiens, die eine rohe Gleichgültigkeit für die öffentlichen Kulturwerke wirtschaftlichen Charakters mitbrachten. Araber, Afghanen wie Mongolen leiteten und unterstützten in Indien großartige Kanalanlagen, durchzogen das Land mit Straßen, überspannten Flüsse mit Brücken, ließen wasserspendende Brunnen graben. Der Ahne der Mongolendynastie in Indien, Timur oder Tamerlan, trug Sorge für die Bodenkultur, Bewässerung, Sicherheit der Wege und Verpflegung der Reisenden.[1] „Die primitiven Radschas Indiens, die afghanischen oder mongolischen Eroberer, zuweilen grausam für die Individuen, bezeichneten wenigstens ihre Herrschaft durch jene wunderbaren Konstruktionen, die man heute auf jedem Schritt findet und die das Werk einer Rasse von Riesen zu sein scheinen ... Die Kompanie (die englische Ostindische Kompanie, die bis 1858 in Indien herrschte – R. L.) hat nicht eine Quelle geöffnet, nicht einen Brunnen gegraben, nicht einen Kanal gebaut, nicht eine Brücke zum Nutzen der Inder errichtet.“[2]

Ein anderer Zeuge, der Engländer James Wilson, sagt: „In der Provinz von Madras wird jedermann unwillkürlich durch die grandiosen altertümlichen Bewässerungsanlagen frappiert, deren Spuren sich bis auf unsere Zeit erhalten haben. Stausysteme, die die Flüsse stauten, bildeten ganze Seen, aus denen Kanäle auf 60 und 70 Meilen im Umkreis Wasser ver-

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[1] In den Regierungsmaximen Timurs (1783 aus dem Persischen ins Englische übersetzt) hieß es:

„And I commanded that they should build places of worship, and monasteries in every city; and that they should erect structures for the reception of travellers on the high roads and that they should make bridges across the rivers.

And I commanded that the ruined bridges should be repaired; and that bridges should be constructed over the rivulets and over the rivers; and that on the roads, at the distance of one stage from each other, Kauruwansarai should be erected, and that guards and watchers &c. should be stationed on the road, and that in every Kauruwansarai people should be appointed to reside etc.

And I ordained, whoever undertook the cultivation of waste lands, or built an aqueduct, or made a canal, or planted a grove, or restored to culture a deserted district, that in the first year nothing should be taken from him, and that in the second year, whatever the subject voluntarily offered should be received, and that in the third year the duties should be collected according to the regulation.“ (James Mill: The History of British India, Bd. II, 4. Aufl., S. 492–498.) – Im Original mit *.

[2] Graf Warren: De l’etat moral de la population indigene. Zit. bei: Kowalewski: l. c., S. 164. – [Fußnote im Original]