Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 319

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gegen die sozialen und ökonomischen Zusammenhänge der Eingeborenen begleitet sowie von dem gewaltsamen Raub ihrer Produktionsmittel und ihrer Arbeitskräfte. Die Hoffnung, den Kapitalismus ausschließlich auf den „friedlichen Wettbewerb“, d. h. auf den regelrechten Warenhandel, wie er zwischen kapitalistisch produzierenden Ländern geführt wird, als die einzige Grundlage seiner Akkumulation verweisen zu können, beruht auf der doktrinären Täuschung, als ob die Kapitalakkumulation ohne die Produktivkräfte und die Nachfrage primitiverer Gebilde auskommen, sich auf den langsamen inneren Zersetzungsprozeß der Naturalwirtschaft verlassen könnte. Sowenig die Kapitalakkumulation in ihrer sprunghaften Ausdehnungsfähigkeit auf den natürlichen Zuwachs der Arbeiterbevölkerung zu warten und mit ihm auszukommen vermag, sowenig wird sie auch die natürliche langsame Zersetzung der nichtkapitalistischen Formen und ihren Übergang zur Warenwirtschaft abwarten und sich mit ihm begnügen. Das Kapital kennt keine andere Lösung der Frage als Gewalt, die eine ständige Methode der Kapitalakkumulation als geschichtlicher Prozeß ist, nicht bloß bei der Genesis, sondern bis auf den heutigen Tag. Für die primitiven Gesellschaften aber gibt es, da es sich in jedem solchen Falle um Sein oder Nichtsein handelt, kein anderes Verhalten als Widerstand und Kampf auf Tod und Leben, bis zur völligen Erschöpfung oder bis zur Ausrottung. Daher die ständige militärische Besetzung der Kolonien, die Aufstände der Eingeborenen und die Kolonialexpeditionen zu ihrer Niederwerfung als permanente Erscheinungen auf der Tagesordnung des Kolonialregimes. Die gewaltsame Methode ist hier die direkte Folge des Zusammenpralls des Kapitalismus mit naturalwirtschaftlichen Formationen, die seiner Akkumulation Schranken setzen. Ohne ihre Produktionsmittel und Arbeitskräfte kann er nicht auskommen, so wenig wie ohne ihre Nachfrage nach seinem Mehrprodukt. Um ihnen aber Produktionsmittel und Arbeitskräfte zu entnehmen, um sie in Warenabnehmer zu verwandeln, strebt er zielbewußt danach, sie als selbständige soziale Gebilde zu vernichten. Diese Methode ist vom Standpunkt des Kapitals die zweckmäßigste, weil sie zugleich die rascheste und profitabelste ist. Ihre andere Seite ist nämlich der wachsende Militarismus, über dessen Bedeutung für die Akkumulation in anderem Zusammenhang weiter unten. Die klassischen Beispiele der Anwendung dieser Methoden des Kapitals in den Kolonien bieten die Politik der Engländer in Indien und die der Franzosen in Algier.

Die uralte Wirtschaftsorganisation der Inder – die kommunistische Dorfgemeinde – hatte sich in ihren verschiedenen Formen durch Jahr-

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