Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 221

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ihrem eigenen Produkt zu sein, macht von diesem allgemeinen und nationalen Standpunkt aus keinen Unterschied.“ Freilich ergeben sich daraus gewisse Besonderheiten der Verhältnisse auch für die Gesellschaft im ganzen, nämlich erstens „der Tausch“ als Vermittler und zweitens die ungleiche Verteilung des Produkts. „Allein sowenig alle diese Wirkungen verhindern, daß nach wie vor die Bewegung der Nationalproduktion und die Gestaltung des Nationalprodukts im allgemeinen dieselbe bleibt (wie unter der Herrschaft des Kommunismus), sowenig alterieren sie auch vom nationalen Standpunkt aus in irgendeiner Beziehung den bisher auf gestellten Gegensatz von Kapital und Einkommen.“ Sismondi mühte sich gleich Smith und vielen anderen im Schweiße seines Angesichts ab, um den Begriff von Kapital und Einkommen aus den Widersprüchen der kapitalistischen Produktion zu entwirren; Rodbertus macht sich die Sache leichter: er sieht für die Gesellschaft im ganzen von allen Formbestimmtheiten der kapitalistischen Produktion einfach ab und nennt „Kapital“ die Produktionsmittel und „Einkommen“ die Konsumtionsmittel – basta! „Das Grund- und Kapitaleigentum hat nur in bezug auf die verkehrenden Individuen einen wesentlichen Einfluß. Faßt man also die Nation als eine Einheit auf, so verschwinden seine Wirkungen auf die Individuen.“[1] Man sieht, Rodbertus zeigt, sobald er an das eigentliche Problem, an das kapitalistische Gesamtprodukt und seine Bewegung, herantritt, die typische Geringschätzung des Utopisten für historische Besonderheiten der Produktion, und auf ihn paßt wie angegossen die Bemerkung, die Marx über Proudhon macht, daß, sobald er von der Gesellschaft im ganzen spricht, er so tut, als ob sie aufhörte, kapitalistisch zu sein.[2] Andererseits sieht man am Beispiel Rodbertus’ wieder, wie hilflos die gesamte Nationalökonomie vor Marx in ihren Bemühungen herumtappte, sachliche Gesichtspunkte des Arbeitsprozesses mit Wertstandpunkten der kapitalistischen Produktion, Bewegungsformen des Einzelkapitals mit denen des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in Einklang zu bringen. Diese Bemühungen pendeln gewöhnlich zwischen zwei Extremen: der vulgären Auffassung à la Say, MacCulloch, für die überhaupt nur Gesichtspunkte des Einzelkapitals existieren, und der utopischen Auffassung à la Proudhon, Rodbertus, für die nur Standpunkte des Arbeitsprozesses existieren. Da lernt man erst schätzen, welches enorme Licht über die ganze Sache durch das Schema der einfachen Reproduktion von Marx verbreitet worden ist, wo alle jene Stand

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[1] l. c., Bd. I, S. 292. – [Fußnote im Original]

[2] Siehe Karl Marx: Das Elend der Philosophie. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 4, S. 130 f.