Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 200

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menschlichen Willen handelte, doch immer noch eine richtige Berechnung, Ausgleichung und Festsetzung der in den auszutauschenden Produkten enthaltenen Arbeitsquantitäten vorausgehen und ein Gesetz dieserhalb bestehen, dem sich die Tauschenden fügen.“[1]

Rodbertus betont bekanntlich mit Nachdruck seine Priorität vor Proudhon in der Entdeckung des „konstituierten Werts“, was ihm gern zugestanden werden mag. Wie sehr diese „Idee“ nur ein Gespenst war, das schon eine geraume Zeit vor Rodbertus in England theoretisch fruktifiziert und praktisch begraben worden war, und wie sehr diese „Idee“ eine utopische Verballhornung der Ricardoschen Wertlehre war, haben Marx in seinem „Elend der Philosophie“ wie Engels in seiner Vorrede dazu erschöpfend dargetan. Es erübrigt sich deshalb, auf diese „Zukunftsmusik auf der Kindertrompete“ hier weiter einzugehen.

2. Aus dem „Tauschverkehr“ ergab sich die „Degradation“ der Arbeit zur Ware und der Arbeitslohn nach dem „Kostenwert“ statt einer festen Quote des Anteils am Produkt. Rodbertus leitet sein Lohngesetz mit einem kühnen historischen Sprung direkt aus der Sklaverei her, wobei er die spezifischen Charaktere, die die kapitalistische Warenproduktion der Ausbeutung aufdrückt, nur als täuschende Lüge ansieht und vom moralischen Standpunkt verdonnert. „Solange die Produzenten selbst noch Eigentum der Nichtproduzenten waren, solange Sklaverei bestand, war es ausschließlich der Privatvorteil der ‚Herren‘, der einseitig die Größe jenes Teils (des Anteils der Arbeitenden – R. L.) bestimmte. Seit die Produzenten die volle persönliche Freiheit, aber noch nichts weiter erreicht haben, vereinbaren sich beide Teile über den Lohn im voraus. Der Lohn ist, wie es heute heißt, Gegenstand eines ‚freien Vertrages‘, d. i. der Konkurrenz. Dadurch wird natürlich die Arbeit denselben Tauschwertgesetzen unterworfen, denen auch die Produkte unterliegen; sie erhält selbst Tauschwert; die Größe ihres Lohns hängt von den Wirkungen des Angebots und der Nachfrage ab.“ Nachdem er so die Dinge auf den Kopf gestellt und den Tauschwert der Arbeitskraft aus der Konkurrenz abgeleitet hat, leitet er gleich darauf natürlich ihren Wert aus ihrem Tauschwert ab: „Die Arbeit erhält unter der Herrschaft der Tauschwertgesetze gleich den Produkten eine Art ‚Kostenwert‘, der auf ihren Tauschwert, den Lohnbetrag, eine Anziehungskraft äußert.“ Dies ist derjenige Lohnbetrag, der nötig ist, um sie „instand zu erhalten“, d. h. um ihr die Kraft zur eigenen Fortsetzung, wenn auch nur in ihrer Nachkommenschaft, zu gewähren, der sogenannte „notwendige Unterhalt“. Dies ist aber für Rodbertus wieder

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[1] l. c., Bd. II, S. 65. – [Fußnote im Original]