Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 131

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Nun aber, wo das Problem in aller Schärfe wieder gestellt ist, bekommen wir statt einer Lösung die folgende unerwartete Antwort:

„Die allgemeine Antwort ist wieder dieselbe. Die Preissumme der zirkulierenden Warenmasse ist vermehrt, nicht, weil die Preise einer gegebnen Warenmasse gestiegen, sondern, weil die Masse der jetzt zirkulierenden Waren größer ist als die der früher zirkulierenden Waren, ohne daß dies durch einen Fall der Preise ausgeglichen wäre. Das zur Zirkulation dieser größern Warenmasse von größrem Wert erforderte zuschüssige Geld muß beschafft werden entweder durch erhöhte Ökonomisierung der zirkulierenden Geldmasse sei es durch Ausgleichung der Zahlungen etc., sei es durch Mittel, welche den Umlauf derselben Geldstücke beschleunigen oder aber durch Verwandlung von Geld aus der Schatzform in die zirkulierende Form.“[1]

Diese Lösung geht auf die folgende Erklärung hinaus: Die kapitalistische Reproduktion wirft unter den Bedingungen einer im Fluß befindlichen und wachsenden Akkumulation eine immer größere Masse Warenwert auf den Markt. Um diese im Wert wachsende Warenmasse in Zirkulation zu bringen, ist eine immer größere Geldmenge notwendig. Diese wachsende Geldmenge muß eben – beschafft werden. Das ist alles unzweifelhaft richtig und einleuchtend, aber das Problem, um das es sich handelte, ist damit nicht gelöst, sondern verschwunden.

Eins von beiden. Entweder betrachtet man das gesellschaftliche Gesamtprodukt (der kapitalistischen Wirtschaft) einfach als eine Warenmasse von bestimmtem Wert, als einen „Warenbrei“, und sieht, bei Bedingungen der Akkumulation, nur ein Anwachsen dieses unterschiedslosen Warenbreis und dessen Wertmasse. Dann wird nur zu konstatieren sein, daß zur Zirkulation dieser Wertmasse eine entsprechende Geldmenge notwendig ist, daß diese Geldmenge wachsen muß, wenn die Wertmasse wächst – falls die Beschleunigung des Verkehrs und seine Ökonomisierung den Wertzuwachs nicht aufwiegen. Und etwa auf eine letzte Frage, woher denn schließlich alles Geld komme, kann man mit Marx die Antwort geben: aus den Goldgruben. Das ist auch ein Standpunkt, nämlich der Standpunkt der einfachen Warenzirkulation. Aber dann braucht man nicht Begriffe wie konstantes und variables Kapital und Mehrwert hineinzubringen, die nicht zur einfachen Warenzirkulation, sondern zur Kapitalzirkulation und zur gesellschaftlichen Reproduktion gehören, und man braucht dann nicht die Frage zu stellen: Wo kommt das Geld her, um den

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[1] Das Kapital, Bd. II, S. 318. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Bd. 24, S. 346.] – [Fußnote im Original]