Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 127

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blem nicht“. Das Problem existiert aber wohl vom Standpunkte der gesellschaftlichen Reproduktion im ganzen, nur darf es nicht so schief formuliert werden, daß uns die Antwort in die einfache Warenzirkulation zurückbringt, wo das Problem nicht existiert. Die Frage lautet also nicht: Wo kommt das Geld her, um den Mehrwert zu realisieren?, sondern sie muß lauten: Wo sind die Konsumenten für den Mehrwert? Daß das Geld in der Hand dieser Konsumenten sich befinden und von ihnen in die Zirkulation geworfen werden muß, versteht sich dann von selbst. Marx selbst kehrt denn auch zu dem Problem, obwohl er es soeben für nicht existierend erklärt hat, immer wieder zurück:

„Nun aber existieren nur zwei Ausgangspunkte: der Kapitalist und der Arbeiter. Alle dritten Personenrubriken müssen entweder für Dienstleistungen Geld von diesen beiden Klassen erhalten, oder soweit sie es ohne Gegenleistung erhalten, sind sie Mitbesitzer des Mehrwerts in der Form von Rente, Zins etc. Daß der Mehrwert nicht ganz in der Tasche des industriellen Kapitalisten bleibt, sondern von ihm mit andern Personen geteilt werden muß, hat mit der vorliegenden Frage nichts zu tun. Es fragt sich, wie er seinen Mehrwert versilbert, nicht wie das dafür gelöste Silber sich später verteilt. Es ist also für unsern Fall der Kapitalist noch als einziger Besitzer des Mehrwerts zu betrachten. Was aber den Arbeiter betrifft, so ist bereits gesagt, daß er nur sekundärer Ausgangspunkt, der Kapitalist aber der primäre Ausgangspunkt des vom Arbeiter in die Zirkulation geworfnen Geldes ist. Das zuerst als variables Kapital vorgeschoßne Geld vollzieht bereits seinen zweiten Umlauf, wenn der Arbeiter es zur Zahlung von Lebensmitteln ausgibt.

Die Kapitalistenklasse bleibt also der einzige Ausgangspunkt der Geldzirkulation. Wenn sie zur Zahlung von Produktionsmitteln 400 Pfd. St., zur Zahlung der Arbeitskraft 100 Pfd. St. braucht, so wirft sie 500 Pfd. St. in Zirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwert, bei Mehrwertsrate von 100 %, ist gleich einem Wert von 100 Pfd. St. Wie kann sie 600 Pfd. St. aus der Zirkulation beständig herausziehn, wenn sie beständig nur 500 Pfd. St. hineinwirft? Aus nichts wird nichts. Die Gesamtklasse der Kapitalisten kann nichts aus der Zirkulation herausziehn, was nicht vorher hineingeworfen war.“[1]

Weiter weist Marx noch eine Ausflucht zurück, die zur Erklärung des Problems etwa versucht werden könnte, nämlich die Heranziehung der Geschwindigkeit im Umlauf des Geldes, die es erlaubt, mit weniger Geld

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[1] Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 334–335.