Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 102

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Akkumulation mag in I wie in II vorhanden sein. Allein der Wille und die technischen Vorbedingungen der Akkumulation genügen in einer kapitalistischen Warenwirtschaft nicht. Damit tatsächlich akkumuliert, d. h. die Produktion erweitert wird, dazu ist noch eine andere Bedingung notwendig: eine Erweiterung der zahlungsfähigen Nachfrage nach Waren. Wo rührt nun die ständig wachsende Nachfrage her, die der fortschreitenden Erweiterung der Produktion im Marxschen Schema zugrunde liegt?

Soviel ist zunächst klar: Sie kann unmöglich von den Kapitalisten I und II selbst, d. h. von ihrem persönlichen Konsum herrühren. Im Gegenteil, die Akkumulation besteht gerade darin, daß sie einen – und zwar mindestens absolut wachsenden – Teil des Mehrwerts nicht selbst konsumieren, sondern dafür Güter schaffen, die von anderen verwendet werden. Die persönliche Konsumtion der Kapitalisten wächst zwar mit der Akkumulation, sie mag selbst dem verzehrten Wert nach wachsen. Immerhin ist es nur ein Teil des Mehrwerts, der für die Konsumtion der Kapitalisten verwendet wird. Grundlage der Akkumulation ist gerade die Nichtkonsumtion des Mehrwerts durch die Kapitalisten. Für wen produziert dieser andere, akkumulierte Teil des Mehrwerts? Nach dem Marxschen Schema geht die Bewegung von der Abteilung I aus, von der Produktion der Produktionsmittel. Wer braucht diese vermehrten Produktionsmittel? Das Schema antwortet: Die Abteilung II braucht sie, um mehr Lebensmittel herstellen zu können. Wer braucht aber die vermehrten Lebensmittel? Das Schema antwortet: eben die Abteilung I, weil sie jetzt mehr Arbeiter beschäftigt. Wir drehen uns offenbar im Kreise. Lediglich deshalb mehr Konsummittel herstellen, um mehr Arbeiter erhalten zu können, und lediglich deshalb mehr Produktionsmittel herstellen, um jenes Mehr an Arbeitern zu beschäftigen, ist vom kapitalistischen Standpunkt eine Absurdität. Für den einzelnen Kapitalisten ist freilich der Arbeiter ein ebenso guter Konsument, d. h. Abnehmer seiner Ware – falls er sie zahlen kann – wie ein Kapitalist oder sonst jemand. Im Preise der Ware, die er dem Arbeiter verkauft, realisiert jeder einzelne Kapitalist seinen Mehrwert genauso wie im Preise jeder Ware, die er einem anderen beliebigen Abnehmer verkauft. Nicht so vom Standpunkte der Kapitalistenklasse im ganzen. Diese gibt der Arbeiterklasse im ganzen nur eine Anweisung auf einen genau bestimmten Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts im Betrage des variablen Kapitals. Wenn also die Arbeiter Lebensmittel kaufen, so erstatten sie der Kapitalistenklasse nur die von ihr erhaltene Lohnsumme, die Anweisung, bis zur Höhe des variablen Kapitals zurück.

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