Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 83

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Die andere Seite dieser beständigen Verschiebung im Verhältnis des konstanten zum variablen Kapitalteil ist das, was Marx die Bildung der relativen, d. h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung nennt. Die Produktion dieser stets vorrätigen Reserve nichtbeschäftigter Industriearbeiter (hier im weiteren Sinne, mit Einschluß der Proletarier, die unter dem Kommando des Handelskapitals stehen), die ihrerseits die notwendige Voraussetzung der plötzlichen Ausdehnungen der Produktion in den Zeiten der Hochkonjunktur bildet, ist in die spezifischen Bedingungen der Akkumulation des Kapitals eingeschlossen.[1]

Folgende vier Momente der erweiterten Reproduktion haben wir also aus der Akkumulation des Einzelkapitals abzuleiten:

1. Umfang der erweiterten Reproduktion ist in gewissen Grenzen unabhängig von dem Wachstum des Kapitals und kann über dasselbe hinausgehen. Die Methoden, die hierzu führen, sind: Erhöhung der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Naturkräfte, Erhöhung der Produktivität der Arbeit (in letzterer eingeschlossen die Erhöhung der Wirksamkeit des fixen Kapitalteils).

2. Ausgangspunkt jeder wirklichen Akkumulation ist Teilung des zu kapitalisierenden Teils des Mehrwerts in konstantes und variables Kapital.

3. Die Akkumulation als gesellschaftlicher Prozeß wird begleitet von einer ständigen Verschiebung im Verhältnis des konstanten Kapitals zum variablen, wobei der in toten Produktionsmitteln ausgelegte Kapitalteil im Verhältnis zu dem in Löhnen ausgelegten ständig wächst.

4. Die andere Begleiterscheinung und Bedingung des Akkumulationsprozesses ist Bildung der industriellen Reservearmee.

Diese schon der Reproduktionsbewegung des Einzelkapitals abgewonnenen Momente sind ein enormer Schritt über die Analyse der bürgerlichen Ökonomie hinaus. Jetzt galt es aber, von der Bewegung des Einzel-

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[1] „Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringern Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.“ (Das Kapital, Bd. I, S. 594.) [Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 23, S. 661.] – [Fußnote im Original]