Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 76

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Ausgabe einer beträchtlichen Arbeitsmenge zur Herstellung von Produkten zum Ausdruck kommt, Produkte, die weder als Produktionsmittel noch als Konsummittel dienen. Diese spezifische Arbeitsausgabe der kapitalistisch produzierenden Gesellschaft, die in einer gesellschaftlich geregelten Wirtschaft in Wegfall kommt, findet am exaktesten Ausdruck als gesonderte Abteilung im allgemeinen Reproduktionsprozeß des Gesamtkapitals. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob wir uns ein Land vorstellen, das selbst Gold produziert, oder ein solches, das es aus dem Auslande bezieht. Im letzteren Falle vermittelt nur der Austausch dieselbe Ausgabe an gesellschaftlicher Arbeit, die direkt zur Produktion des Goldes notwendig war.

Man ersieht aus dem bisherigen, daß das Problem der Reproduktion des Gesamtkapitals nicht so roh ist, wie es oft vom reinen Krisenstandpunkt aufgefaßt wird, wobei die Frage etwa so gestellt wird: Wie ist es möglich, daß bei der planlosen Wirtschaft zahlloser Einzelkapitale die Gesamtbedürfnisse der Gesellschaft durch ihre Gesamtproduktion gedeckt werden? Worauf dann der Hinweis auf die ständigen Oszillationen der Produktion um die Nachfrage, d. h. auf den periodischen Konjunkturwechsel etwa, die Antwort geben soll. Bei dieser Auffassung, die das gesellschaftliche Gesamtprodukt als einen unterschiedslosen Warenbrei und das gesellschaftliche Bedürfnis in entsprechend abstruser Weise behandelt, wird das Wichtigste: die Differentia specifica der kapitalistischen Produktionsweise übersehen. Das kapitalistische Reproduktionsproblem birgt in sich, wie wir sahen, eine ganze Anzahl exakter Verhältnisse, die sich sowohl auf die spezifisch kapitalistischen Kategorien wie – mutatis mutandis – auf die allgemeinen Kategorien der menschlichen Arbeit beziehen und deren Vereinigung sowohl in ihrem Widerspruch wie in ihrer Übereinstimmung das eigentliche Problem darstellt. Das Marxsche Schema ist die wissenschaftliche Lösung des Problems.

Wir haben uns zu fragen, welche Bedeutung das analysierte Schema des Reproduktionsprozesses für die Wirklichkeit hat. Nach diesem Schema geht das gesellschaftliche Gesamtprodukt hübsch restlos in der Zirkulation auf, Konsumbedürfnisse sind sämtlich befriedigt, die Reproduktion geht glatt vonstatten, die Geldzirkulation folgt der Warenzirkulation, der Kreislauf des gesellschaftlichen Kapitals schließt sich genau. Wie sieht die Sache im Leben aus? Für eine planmäßig geleitete Produktion gibt das Schema in seinen Verhältnissen eine genaue Grundlage der Einteilung der gesellschaftlichen Arbeit – immer vorausgesetzt einfache Reproduktion, d. h. gleichbleibenden Produktionsumfang. In der kapita-

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