Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 678

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Wäscher für die Reinigung der Kleider, den Silberschmied, hier und da den Poeten, der in einigen Gemeinden den Silberschmied, in andren den Schulmeister ersetzt. Dies Dutzend Personen wird auf Kosten der ganzen Gemeinde erhalten. Wächst die Bevölkerung, so wird eine neue Gemeinde nach dem Muster der alten auf unbebautem Boden angesiedelt ... Das Gesetz, das die Teilung der Gemeindearbeit regelt, wirkt hier mit der unverbrüchlichen Autorität eines Naturgesetzes ... Der einfache produktive Organismus dieser selbstgenügenden Gemeinwesen, die sich beständig in derselben Form reproduzieren und, wenn zufällig zerstört, an demselben Ort, mit demselben Namen wieder aufbauen, liefert den Schlüssel zum Geheimnis der Unveränderlichkeit asiatischer Gesellschaften, so auffallend kontrastiert durch die beständige Auflösung und Neubildung asiatischer Staaten und rastlosen Dynastenwechsel. Die Struktur der ökonomischen Grundelemente der Gesellschaft bleibt von den Stürmen der politischen Wolkenregion unberührt.“[1] [Hervorhebungen – R. L.]

2. Zur Zeit der englischen Eroberung war die ursprüngliche Geschlechtsgemeinde mit ungeteiltem Boden meist schon aufgelöst. Aus ihrer Auflösung war aber eine neue Form entstanden: eine Verwandtschaftsgemeinde mit verteiltem Ackerland, doch nicht mit gleichen, sondern mit ungleichen Familienanteilen, deren Größe genau von dem Grad der Verwandtschaft mit dem Urahnen abhing. Diese Form war sehr verbreitet im nordwestlichen Indien sowie im Fünfstromland. Die Anteile sind hier weder lebenslänglich noch erblich, sie bleiben im Besitz der Familien so lange, bis der Zuwachs der Bevölkerung oder die Notwendigkeit, zeitweilig abwesend gewesene Verwandte zum Anteil an der Feldmark zuzulassen, eine Neuumteilung erforderlich machen. Häufig jedoch werden neue Ansprüche nicht durch allgemeine Umteilung, sondern durch Zuweisung neuer Parzellen auf unbebautem Markland befriedigt. Auf diese Weise werden die Familienanteile oft – wenn nicht rechtlich, so doch faktisch – lebenslänglich und sogar erblich. Neben dieser so ungleich verteilten Feldmark bleiben aber Wälder, Sümpfe, Wiesen, unbebaute Ländereien Gemeinbesitz aller Familien, die sie auch gemeinsam benutzen. Diese merkwürdige, auf Ungleichheit basierte kommunistische Organisation gerät jedoch mit der Zeit in Widerspruch mit neuen Interessen. Mit jeder späteren Generation wird die Feststellung des Verwandtschaftsgrades jedes einzelnen immer schwieriger, die Tradition der Blutsbande verblaßt, und die Ungleichheit der Familienanteile wird immer mehr von den

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[1] Karl Marx: Das Kapital, Bd. I, S. 321. [Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 23, S. 378–379.]. – [Fußnote im Original]