Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 627

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trifugalen Gelüsten kaum zu widerstehen vermag.“[1] Desgleichen bei den Australiern wird die Nutzung des gemeinsamen Jagdbodens „durch Jagen und Sammeln in der Regel keineswegs gemeinschaftlich betrieben, sondern jede Einzelfamilie führt eine gesonderte Wirtschaft“. Und im allgemeinen „der Nahrungsmangel duldet keine dauernde Vereinigung größerer Gruppen, sondern er zwingt sie zur Zerstreuung“ (S. 63).

Gehen wir zu höheren Jägern über.

Zwar „der Boden ist auch bei den höheren Jägern in der Regel Gemeineigentum des Stammes oder der Sippe“ (S. 69), zwar finden wir auf dieser Stufe direkt Massenhäuser als gemeinsame Quartiere für Sippen (S. 84), zwar hören wir weiter: „Die ausgedehnten Dämme und Wehre, welche Mackenzie in den Flüssen der Haidah sah und welche nach seiner Schätzung die Arbeit des gesamten Stammes erfordert haben mußten, standen unter der Aufsicht des Häuptlings, ohne dessen Erlaubnis niemand fischen durfte. Sie galten also wahrscheinlich als Eigentum der gesamten Dorfgemeinde, der ja auch die Fischwasser und Jagdgründe ungeteilt gehören“ (S. 87).

Aber „die bewegliche Habe hat hier eine solche Ausdehnung und Bedeutung gewonnen, daß sich trotz der Gleichheit des Grundbesitzes eine große Ungleichheit des Vermögens entwickeln kann“ (S. 69), und „in der Regel gilt die Nahrung, soviel wir sehen können, ebensowenig als Gemeineigentum wie die übrige bewegliche Habe. Man darf also die Haussippen nur in einem sehr beschränkten Sinne als Wirtschaftsgemeinschaften bezeichnen“ (S. 88).

Wenden wir uns an die nächst höhere Kulturstufe, an die nomadisierenden Viehzüchter. Auch über sie berichtet Grosse:

Zwar „selbst die unruhigsten Nomaden schweifen nicht in unbegrenzte Weiten hinaus, sie bewegen sich vielmehr sämtlich nur innerhalb eines ziemlich fest umgrenzten Gebietes, welches als das Eigentum ihres Stammes gilt und welches häufig wiederum unter die einzelnen Sonderfamilien und Sippen verteilt ist“ (S. 91). Und weiter: „Der Boden ist beinahe in dem ganzen Bereiche der Viehzucht Gemeinbesitz des Stammes oder der Sippe“ (S. 96). „Das Land ist freilich Gemeingut aller Sippengenossen und wird als solches von der Sippe oder ihrem Vorsteher zur Benutzung unter die verschiedenen Familien verteilt“ (S. 128).

Aber „das Land ist nicht der wertvollste Besitz des Nomaden. Sein höchstes Gut ist seine Herde, und das Vieh ist stets (1) Sondereigentum

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[1] Ernst Grosse: Die Formen der Familie und die Formen der Wirtschaft, Freiburg i. B. u. Leipzig 1896. S. 57.