Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 531

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und Duelle – denn alles dies und noch eine endlose Kette anderer „Einrichtungen und Vorgänge“ dient heute dazu, „die Bedürfnisse eines ganzen Volkes zu befriedigen“. Die Volkswirtschaft wäre dann alles zusammen, was zwischen Himmel und Erde vorgeht, und die Nationalökonomie würde eine Universalwissenschaft sein „von allen Dingen und noch einigen mehr“, wie ein lateinisches Sprichwort sagt.

Die weitherzige Definition des Leipziger Professors muß offenbar eine Einschränkung erfahren. Wahrscheinlich wollte er nur von „Einrichtungen und Vorgängen“ sprechen, die zur Befriedigung materieller Bedürfnisse eines Volkes dienen, oder richtiger: zur Befriedigung der Bedürfnisse durch materielle Dinge. Auch dann wäre die „Gesamtheit“ noch reichlich zu weit gegriffen und würde wieder leicht ins Nebelhafte verschwimmen. Doch suchen wir uns darin, so gut wir vermögen, zurechtzufinden.

Alle Menschen brauchen, um leben zu können, Speise und Trank, ein schützendes Obdach, in kälteren Zonen Kleidung, ferner allerlei Gerätschaf ten zum täglichen Gebrauch im Hause. Diese Dinge mögen einfacher oder verfeinerter, spärlicher oder reichlicher bemessen sein, immerhin sind sie für jede menschliche Gesellschaft zur Existenz unentbehrlich und müssen deshalb von den Menschen – da gebratene Tauben nirgends in den Mund fliegen – ständig hergestellt werden. In allen Kulturzuständen kommen noch allerlei Gegenstände hinzu, die der Verschönerung des Lebens und der Befriedigung geistiger, sozialer Bedürfnisse dienen, sowie Waffen zum Schutze vor Feinden: bei den sogenannten Wilden Tanzmasken, Bogen und Pfeil, Götzenbilder, bei uns Luxusgegenstände, Kirchen, Maschinengewehre und Unterseeboote. Zur Herstellung dieser sämtlichen Gegenstände gehören wiederum verschiedenartige Naturstoffe, woraus, und verschiedene Werkzeuge, womit sie hergestellt werden. Auch jene Stoffe, wie Steine, Holz, Metall, Pflanzen usw„ werden der Erdrinde durch menschliche Arbeit abgewonnen, und die Werkzeuge, die dabei benutzt werden, sind gleichfalls Produkte menschlicher Arbeit.

Wollen wir uns vorläufig mit dieser grob behauenen Vorstellung zufriedengeben, so könnten wir uns die Volkswirtschaft etwa so denken: Jedes Volk schafft ständig durch eigene Arbeit eine Menge zum Leben notwendiger Dinge – Nahrung, Kleidung, Baulichkeiten, Hausrat, Schmuck, Waffen, Kultgegenstände usw. –, desgleichen Stoffe und Werkzeuge, die für die Herstellung jener unentbehrlich sind. Die Art und Weise nun, wie ein Volk alle diese Arbeit verrichtet, wie es die hergestellten Güter unter seine einzelnen Mitglieder verteilt, wie es sie verbraucht und in ewigem Kreislauf des Lebens von neuem herstellt, all das zusammen

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