Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 52

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der Gesellschaft im Verlaufe eines Jahres geleisteten lebendigen Arbeit. Jede menschliche Gesellschaft, von welcher geschichtlichen Form auch, muß sich für diese Tatsache interessieren, sowohl im Verhältnis zu den erzielten Resultaten wie im Verhältnis zu den vorhandenen und verfügbaren Arbeitskräften überhaupt. Auch die Einteilung in v + mist eine allgemeine, von den besonderen historischen Formen der Gesellschaft unabhängige Erscheinung. Der kapitalistische Ausdruck dieser Einteilung äußert sich nicht nur in den qualitativen Besonderheiten beider, die bereits hervorgehoben sind, sondern auch in ihrem quantitativen Verhältnis, darin, daß v die Tendenz zeigt, auf das physiologische und soziale Minimum, das zur Existenz der Arbeitenden notwendig ist, herabgedrückt zu werden, und daß das m auf Kosten des v und im Verhältnis zu ihm stets zu wachsen die Tendenz hat.

Letzterer Umstand drückt endlich die vorherrschende Eigentümlichkeit der kapitalistischen Produktion aus: die Tatsache, daß die Schaffung und Aneignung von Mehrwert der eigentliche Zweck und das treibende Motiv dieser Produktion ist.

Man sieht: Die der kapitalistischen Formel des Gesamtprodukts zugrunde liegenden Beziehungen sind von allgemeiner Gültigkeit und werden in jeder planmäßig organisierten Wirtschaftsform Gegenstand einer bewußten Regelung seitens der Gesellschaft – der Gesamtheit der Arbeitenden und ihrer demokratischen Organe in einer kommunistischen Gesellschaft, des besitzenden Zentrums und seiner despotischen Gewalt in einer auf Klassenherrschaft beruhenden Gesellschaft. Unter der kapitalistischen Produktionsform besteht eine planmäßige Regelung des Ganzen nicht. Die Gesamtheit der Kapitale wie der Waren der Gesellschaft besteht in Wirklichkeit aus einer Summe unzähliger zersplitterter Einzelkapitale und einzelner Warenposten.

Es entsteht somit die Frage, ob denn diese Summen selbst in der kapitalistischen Gesellschaft etwas mehr als den Sinn einer bloßen statistischen Aufstellung, noch dazu von sehr ungenauem und schwankendem Charakter besitzen. Auf dem Maßstab der Gesamtgesellschaft kommt jedoch zum Ausdruck, daß die völlig selbständige, selbstherrliche Einzelexistenz der privatkapitalistischen Betriebe bloß die historisch bedingte Form, während der gesellschaftliche Zusammenhang die Grundlage ist. Obwohl die Einzelkapitale völlig unabhängig agieren und eine gesellschaftliche Regelung vollständig fehlt, vollzieht sich die Gesamtbewegung aller Kapitale als ein einheitliches Ganzes. Auch diese Gesamtbewegung äußert sich in spezifisch kapitalistischen Formen. Während bei jeder planmäßig organi-

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