Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 491

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/491

gesetzt hat, um unter starker Erhöhung der Industrielöhne die blutige Ernte des Weltkrieges schleunigst in den Scheunen der Profitmacherei zu bergen, ist die denkbar drastischste Satire auf das schwindsüchtige Kapital der Bauerschen Phantasie, das jeweils nur aus der periodischen generellen Herabdrückung der Arbeiterschaft auf das tiefste Niveau der Dürftigkeit das Fett zu neuen Wagnissen der Akkumulation zusammenkratzen kann (Denn wohlgemerkt: Bauer unterstreicht nochmals bei der Schilderung des wiedererreichten „Gleichgewichts“: „Unter dem Drucke der industriellen Reservearmee steigt die Mehrwertrate und mit ihr die gesellschaftliche Akkumulationsrate so lange, bis diese groß genug geworden ist, trotz der steigenden organischen Zusammensetzung das variable Kapital ebenso schnell zu vermehren wie die Arbeiterbevölkerung. Sobald das der Fall, ist die industrielle Reservearmee aufgesogen (notabene: schon zum zweiten Male, denn einmal war sie ja beim Tiefstand der Löhne, d. h. beim tiefsten Punkt der „Unterakkumulation“ aufgesogen! – R. L.) und das Gleichgewicht zwischen Akkumulation und Bevölkerungswachstum wiederhergestellt.“ (l. c., S. 870.) [Hervorhebungen – R. L.]

Auf dieses wiedergewonnene „Gleichgewicht“ folgt nun gleich die zweite Abweichung des Pendels – nach oben, zur „Überakkumulation“. Dieser Vorgang wird von Bauer überaus schlicht geschildert:

„Steigt die gesellschaftliche Akkumulationsrate (dank der bewußten Lohndrückerei! – R. L.), so erreicht sie schließlich einen Punkt, in dem das variable Kapital schneller wächst als die Bevölkerung. Den Zustand, der in diesem Fall eintritt, nennen wir den Zustand der Überakkumulation.“

Mit diesen zwei Zeilen ist die Sache erledigt, mehr verrät Bauer über die Entstehung der Überakkumulation nicht. Hatte er uns als den Anstoß, der immer wieder die „Unterakkumulation“ herbeiführt, wenigstens einen greifbaren Tatbestand: den technischen Fortschritt, angegeben, so überläßt er uns in bezug auf die entgegengesétzte Pendelschwingung völlig unserem eigenen unzulänglichen Witz. Wir erfahren nur, daß die im Steigen begriffene Akkumulationsrate (d. h. die Bildung anlagefähigen Kapitals) „schließlich” einen Punkt erreicht, wo die Nachfrage nach Arbeitskräften ihr Angebot übersteigt. Doch warum muß sie „schließlich“ diesen Punkt erreichen? So nach dem physikalischen Beharrungsgesetz, weil sie halt schon niai im Zuge des Steigens ist? Aber vergegenwärtigen wir uns, woher jenes Steigen herrührte! Unter dem Druck der Arbeitslosigkeit fielen allgemein die Löhne. Aus diesem Lohnsinken ergab sich der Zuwachs des disponiblen Kapitals. Dieser Zuwachs kann jedenfalls nur so

Nächste Seite »