Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 297

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/297

derem als an den Voraussetzungen des Schemas selbst. Dieses Schema unternimmt es, den Akkumulationsprozeß unter der Voraussetzung darzustellen, daß Kapitalisten und Arbeiter die einzigen Vertreter der gesellschaftlichen Konsumtion sind. Wir haben gesehen, daß Marx konsequent und bewußt als die theoretische Voraussetzung seiner Analyse in allen drei Bänden des „Kapitals“ die allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise annimmt. Unter diesen Bedingungen gibt es freilich, wie im Schema, keine anderen Gesellschaftsklassen als Kapitalisten und Arbeiter – alle „dritten Personen“ der kapitalistischen Gesellschaft: Beamte, liberale Berufe, Geistliche usw., sind als Konsumenten jenen beiden Klassen und vorzugsweise der Kapitalistenklasse zuzuzählen. Diese Voraussetzung ist theoretischer Notbehelf – in Wirklichkeit gab und gibt es nirgends eine sich selbst genügende kapitalistische Gesellschaft mit ausschließlicher Herrschaft der kapitalistischen Produktion. Sie ist aber ein vollkommen zulässiger theoretischer Notbehelf dort, wo sie die Bedingungen des Problems selbst nicht alteriert, sondern sie bloß in ihrer Reinheit darstellen hilft. So bei der Analyse der einfachen Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Hier beruht das Problem selbst auf folgender Fiktion: In einer kapitalistisch produzierenden, also Mehrwert erzeugenden Gesellschaft wird der ganze Mehrwert von seinen Aneignern, der Kapitalistenklasse, konsumiert. Es ist darzustellen, wie sich unter diesen Bedingungen die gesellschaftliche Produktion und Reproduktion gestalten muß. Hier setzt die Stellung des Problems selbst voraus, daß die Produktion keine anderen Konsumenten als Kapitalisten und Arbeiter kennt, sie befindet sich also in völliger Übereinstimmung mit der Marxschen Voraussetzung: allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise. Die eine Fiktion deckt sich theoretisch mit der anderen. Ebenso zulässig ist die Annahme der absoluten Herrschaft des Kapitalismus bei der Analyse der Akkumulation des Einzelkapitals, wie sie im ersten Bande des „Kapitals“ gegeben ist. Die Reproduktion des Einzelkapitals ist das Element der gesellschaftlichen Gesamtreproduktion. Aber ein Element, dessen Bewegung selbständig verläuft, im Widerspruch mit den Bewegungen der übrigen, und wobei die Gesamtbewegung des gesellschaftlichen Kapitals nicht etwa eine mechanische Summe der Einzelbewegungen der Kapitale, sondern ein eigenartig verschobenes Resultat ergibt. Stimmt auch die Wertsumme der Einzelkapitale sowie ihrer respektiven Teile: konstantes Kapital, variables Kapital und Mehrwert, mit der Wertgröße des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, seiner beiden Bestandteile und des Gesamtmehrwerts aufs genaueste über-

Nächste Seite »