Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 27

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sumtion aller gesichert [ist] und zugleich sowohl die produktive wie die sterile Klasse ihre Produktionsmittel erneuert wie die Klasse der Grundbesitzer ihre Revenue erhalten hat. Die Voraussetzungen der Reproduktion sind alle vorhanden, die Bedingungen der Zirkulation alle eingehalten worden, und die Reproduktion kann ihren regelmäßigen Lauf beginnen.[1]

Wie mangelhaft und primitiv diese Darstellung bei aller Genialität des Gedankens ist, werden wir im weiteren Verlaufe der Untersuchung sehen. Hier ist jedenfalls hervorzuheben, daß Quesnay an der Schwelle der wissenschaftlichen Nationalökonomie nicht den geringsten Zweifel an der Möglichkeit der Darstellung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und seiner Reproduktion hegte. Allein schon bei Adam Smith beginnt zugleich mit der tieferen Analyse der Kapitalverhältnisse auch die Verwirrung in den klaren und großen Zügen der physiokratischen Vorstellung. Smith warf die ganze Grundlage der wissenschaftlichen Darstellung des kapitalistischen Gesamtprozesses um, indem er jene falsche Preisanalyse aufgestellt hat, die seit ihm die bürgerliche Ökonomie lange Zeit beherrschte, nämlich die Theorie, wonach der Wert der Waren zwar die Menge der auf sie verausgabten Arbeit darstelle, zugleich aber der Preis sich nur aus den drei Komponenten Arbeitslohn, Kapitalprofit und Grundrente zusammensetze. Da dies offenbar sich auch auf die Gesamtheit der Waren, auf das nationale Produkt beziehen muß, so bekommen wir die verblüffende Entdeckung, daß der Wert der kapitalistisch hergestellten Waren in seiner Gesamtheit zwar alle bezahlten Löhne und Kapitalprofite nebst Rente, d. h. den gesamten Mehrwert repräsentiert, also auch ersetzen kann, daß aber dabei dem auf die Herstellung dieser Waren verwendeten konstanten Kapital gar kein Wertteil der Warenmasse entspricht. v + m, das ist nach Smith die Wertformel des kapitalistischen Gesamtprodukts. „Diese drei Teile“, sagt Smith, seine Ansicht an dem Beispiel des Korns erläuternd (Arbeitslohn, Profit und Grundrente), „scheinen entweder unmittelbar oder in letzter Linie den ganzen Getreidepreis auszumachen. Man könnte vielleicht noch einen vierten Teil für notwendig halten, um die Abnutzung des Arbeitsviehs und der Wirtschaftsutensilien auszuglei-

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[1] Siehe Analyse du Tableau économique. In: Journal de l’Agriculture, du Commerce et des Finances, hrsg. von Du Pont, 1766; S. 305 ff. der Onckenschen Ausgabe der „Œuvres de Quesnay“. Quesnay bemerkt ausdrücklich, daß die von ihm geschilderte Zirkulation zwei Bedingungen zur Voraussetzung hat: einen ungehinderten Handelsverkehr und ein System von Steuern, die nur auf die Rente gelegt sind: „Mais ces données ont des conditions sine quabus non ; elles supposent que la liberté du commerce soutient le débit des productions à un bon prix ..., elles supposent d'ailleurs que le cultivateur n’ait à payer directement ou indirectement d’autres charges que le revenu, dont une partie, par exemple les deux septièmes, doit former le revenu du souverain.“ (I. c., S. 311.) – [Fußnote im Original]