Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 164

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mulation in dem fehlenden Verbraucher außerhalb der Arbeiter und der Kapitalisten zu sehen, findet er nunmehr eine Schwierigkeit der einfachen Reproduktion in den physischen Schranken der Verbrauchsfähigkeit der Kapitalisten selbst. Da die Aufnahmefähigkeit der Kapitalisten für Luxus mit der Produktivität der Arbeit, also mit dem Wachstum des Mehrwerts, nicht Schritt halten könne, so müssen sich Überproduktion und Krise ergeben. Wir haben schon einmal bei Sismondi in seinen „Nouveaux principes“ diesen Gedankengang gefunden, und wir haben hier den Beweis, daß ihm selbst sein Problem nicht immer ganz klar war. Kein Wunder. Das Problem der Akkumulation mit ganzer Schärfe zu erfassen ist nur möglich, wenn man mit dem Problem der einfachen Reproduktion fertig geworden ist. Wie sehr es aber damit bei Sismondi noch haperte, haben wir bereits gesehen.

Trotz alledem ist Sismondi in diesem ersten Fall, wo er mit den Epigonen der klassischen Schule die Waffen kreuzte, durchaus nicht der Schwächere gewesen. Im Gegenteil hat er schließlich seine Gegner zu Paaren getrieben. Wenn Sismondi die elementarsten Grundlagen der gesellschaftlichen Reproduktion verkannte und ganz im Sinne des Smithschen Dogmas das konstante Kapital vernachlässigte, so stand er darin jedenfalls seinem Gegner nicht nach: Für MacCulloch existiert das konstante Kapital gleichfalls nicht, seine Pächter und Fabrikanten „schießen vor“ bloß Nahrung und Kleidung für ihre Arbeiter, und das Gesamtprodukt der Gesellschaft besteht nur aus Nahrung und Kleidung. Sind sich so die beiden in dem elementaren Schnitzer gleich, so überragt Sismondi seinen Mac unendlich durch den Sinn für Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise. Auf die Sismondische Skepsis in bezug auf die Realisierbarkeit des Mehrwertes ist der Ricardianer ihm schließlich die Antwort schuldig geblieben. Ebenso überlegen ist Sismondi, wenn er der satten Zufriedenheit des Harmonikers und Apologeten, für den es „keinen Überschuß der Produktion über die Nachfrage, keine Einschnürung des Marktes, kein Leiden gibt“, den Notschrei der Nottinghamer Proletarier ins Gesicht schleudert, wenn er nachweist, daß die Einführung der Maschinen naturnotwendig „eine überflüssige Bevölkerung“ schaffe, endlich und besonders, wenn er die allgemeine Tendenz des kapitalistischen Weltmarkts mit ihren Widersprüchen hervorhebt. MacCulloch bestreitet rundweg die Möglichkeit allgemeiner Überproduktionen und hat für jede partielle Überproduktion ein probates Mittel in der Tasche:

„Man kann einwenden“, sagt er, „daß man bei Annahme des Grundsatzes, daß die Nachfrage sich stets im Verhältnis zur Produktion ver-

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