Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 154

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tion restlos aufgehe, ohne für die Erneuerung des konstanten Kapitals der Gesellschaft einen Wertteil übrigzulassen, desgleichen, daß die Akkumulation nur in der Verwandlung des kapitalisierten Mehrwerts in zuschüssiges variables Kapital bestehe. Wenn jedoch spätere Kritiker Sismondis, wie z. B. der russische Marxist Iljin[1], mit dem Hinweis auf diesen fundamentalen Schnitzer in der Wertanalyse des Gesamtprodukts die ganze Akkumulationstheorie Sismondis als hinfällig, als „Unsinn“ mit einem überlegenen Lächeln abtun zu können glaubten, so bewiesen sie dadurch nur, daß sie ihrerseits das eigentliche Problem gar nicht bemerkten, um das es sich bei Sismondi handelte. Daß durch die Beachtung des Wertteils im Gesamtprodukt, der dem konstanten Kapital entspricht, das Problem der Akkumulation noch bei weitem nicht gelöst ist, bewies am besten später die eigene Analyse von Marx, der als erster jenen groben Schnitzer Ad. Smith’ aufgedeckt hatte. Noch drastischer bewies dies aber ein Umstand in den Schicksalen der Sismondischen Theorie selbst. Durch seine Auffassung ist Sismondi in die schärfste Kontroverse mit den Vertretern und Verflachern der klassischen Schule geraten: mit Ricardo, Say und MacCulloch. Die beiden Seiten vertraten hier zwei entgegengesetzte Standpunkte: Sismondi die Unmöglichkeit der Akkumulation, Ricardo, Say und MacCulloch hingegen deren schrankenlose Möglichkeit. Nun standen aber in bezug auf jenen Smithschen Schnitzer beide Seiten genau auf demselben Boden: Wie Sismondi, so sahen auch seine Widersacher von dem konstanten Kapital bei der Reproduktion ab, und niemand hat die Smithsche Konfusion in bezug auf die Auflösung des Gesamtprodukts in v + min so pretentiöser Weise zu einem unerschütterlichen Dogma gestempelt wie gerade Say.

Dieser erheiternde Umstand sollte eigentlich genügen, um zu beweisen, daß wir das Problem der Akkumulation des Kapitals noch lange nicht zu lösen imstande sind, wenn wir bloß dank Marx wissen, daß das gesellschaftliche Gesamtprodukt außer Lebensmitteln zur Konsumtion der Arbeiter und Kapitalisten (v + m) noch Produktionsmittel (c) zur Erneuerung des Verbrauchten enthalten muß und daß dementsprechend die Akkumulation nicht bloß in der Vergrößerung des variablen, sondern auch in der Vergrößerung des konstanten Kapitals besteht. Wir werden später sehen, zu welchem neuen Irrtum in bezug auf die Akkumulation diese nachdrückliche Betonung des konstanten Kapitalteils im Reproduktionsprozeß geführt hat. Hier jedoch mag die Konstatierung der Tatsache

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[1] Wladimir Iljin: Ökonomische Studien und Artikel, Petersburg 1899. [W. I. Lenin: Zur Charakteristik der ökonomischen Romantik. In: Werke, Bd. 2, S. 121–264.] – [Fußnote im Original]