Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 149

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/149

durch ärmer zu werden, es war ein Einkommen, aber wenn er es nutzte zur Erhaltung von Neues schaffenden Arbeitern oder es eintauschte gegen Arbeit oder gegen die Früchte von Arbeit seiner Handarbeiter, seiner Weber, seiner Bergleute, wurde es zu einem dauernden Werte, der sich vermehrte und nicht untergehen konnte: Es wurde zum Kapital.“

Hier läuft viel Krauses mit Richtigem kunterbunt durcheinander. Zur Erhaltung der Produktion auf alter Höhe, d. h. zur einfachen Reproduktion, scheint noch konstantes Kapital nötig zu sein, wenn dieses konstante Kapital seltsamerweise auch nur auf zirkulierendes (Aussaat) reduziert, die Reproduktion des fixen hingegen ganz vernachlässigt ist. Zur Erweiterung jedoch der Reproduktion, zur Akkumulation, ist auch das zirkulierende Kapital scheinbar überflüssig: Der ganze kapitalisierte Teil des Mehrwerts wird in Löhne für neue Arbeiter verwandelt, die offenbar in der Luft arbeiten, ohne jegliche Produktionsmittel. Dieselbe Ansicht formuliert Sismondi noch deutlicher an einer anderen Stelle: „Der Reiche sorgt also für das Wohl des Armen, wenn er an seinem Einkommen Ersparnisse macht und sie seinem Kapital hinzufügt, denn indem er selbst die Teilung der jährlichen Produktion vornimmt, bewahrt er alles das, was er Einkommen nennt, auf, um es selbst zu verbrauchen, dagegen überläßt er alles das, was er Kapital nennt, dem Armen als Einkommen.“ (l. c., Bd. I, S. 84.) Zugleich aber hebt Sismondi das Geheimnis der Plusmacherei und den Geburtsakt des Kapitals treffend hervor: Mehrwert entsteht aus dem Austausch von Kapital gegen Arbeit, aus dem variablen Kapital, Kapital entsteht aus der Akkumulation des Mehrwertes.

Bei alledem sind wir jedoch in der Unterscheidung von Kapital und Einkommen nicht viel vorwärtsgekommen. Sismondi macht jetzt den Versuch, die verschiedenen Elemente der Produktion und des Einkommens in entsprechenden Portionen des gesellschaftlichen Gesamtprodukts darzustellen: „Der Unternehmer ebenso wie der Landbebauer verwendet nicht seinen ganzen produktiven Reichtum auf die Aussaat; einen Teil verwendet er auf Gebäude, auf Maschinen, auf Werkzeuge, welche die Arbeit leichter und fruchttragender machen; ebenso wie ein Teil des Reichtums des Landbebauers den dauernden Arbeiten zufließt, welche den Boden fruchtbarer machen. So sehen wir die verschiedenen Arten des Reichtums entstehen und sich nach und nach trennen. Ein Teil des Reichtums, den die Gesellschaft aufgehäuft hat, wird von jedem seiner Inhaber dazu verwandt, die Arbeit lohnender zu machen dadurch, daß er nach und nach aufgezehrt wird, ferner dazu, den blinden Naturkräften die Arbeit des Menschen zu übertragen; dies nennt man das feststehende Kapi-

Nächste Seite »