Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 105

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Beamten und dem Militär wird aus den Steuern erhalten, diese aber liegen entweder auf dem Mehrwert oder auf Arbeiterlöhnen. Überhaupt kennen wir hier – in den Grenzen des Marxschen Schemas – nur zwei Quellen des Einkommens in der Gesellschaft: Arbeiterlöhne oder Mehrwert. So können alle die außer den Kapitalisten und den Arbeitern angeführten Bevölkerungsschichten nur als Mitverzehrer dieser beiden Einkommensarten gelten. Marx selbst lehnt den Hinweis auf diese „dritten Personen“ als Abnehmer als eine Ausflucht ab: „Alle nicht direkt in der Reproduktion, mit oder ohne Arbeit, figurierenden Gesellschaftsglieder können ihren Anteil am jährlichen Warenprodukt – also ihre Konsumtionsmittel – in erster Hand nur beziehn aus den Händen der Klassen, denen das Produkt in erster Hand zufällt – produktiven Arbeitern, industriellen Kapitalisten und Grundbesitzern. Insofern sind ihre Revenuen materialiter abgeleitet von Arbeitslohn (der produktiven Arbeiter), Profit und Bodenrente und erscheinen daher jenen Originalrevenuen gegenüber als abgeleitete. Andrerseits jedoch beziehn die Empfänger dieser in diesem Sinn abgeleiteten Revenuen dieselben vermittelst ihrer gesellschaftlichen Funktion als König, Pfaff, Professor, Hure, Kriegsknecht etc., und sie können also diese ihre Funktionen als die Originalquellen ihrer Revenue betrachten.“[1] Gegenüber Hinweisen auf die Verzehrer von Zins und Grundrente als Abnehmer sagt Marx: „Ist aber der Teil des Mehrwerts der Waren, den der industrielle Kapitalist als Grundrente oder Zins an andre Miteigentümer des Mehrwerts abzutreten hat, auf die Dauer nicht realisierbar durch den Verkauf der Waren selbst, so hat es auch mit der Zahlung von Rente oder Zins ein Ende, und können daher Grundeigentümer oder Zinsbezieher durch deren Verausgabung nicht als dei ex machina dienen zu beliebiger Versilberung bestimmter Teile der jährlichen Reproduktion. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben sämtlicher sog. unproduktiver Arbeiter, Staatsbeamte, Ärzte, Advokaten etc., und was sonst in der Form des ›großen Publikums‹ den politischen Ökonomen ›Dienste‹ leistet, um von ihnen Unerklärtes zu erklären.“[2]

Da auf diese Weise innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft schlechterdings keine ersichtlichen Abnehmer für die Waren zu entdecken sind, in denen der akkumulierte Teil des Mehrwertes steckt, so bleibt nur noch eins übrig: der auswärtige Handel. Mehrere Einwände entstehen jedoch gegen diese Methode, den auswärtigen Handel als eine bequeme Ablade-

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[1] Das Kapital, Bd. II, S. 346. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 372.] – [Fußnote im Original]

[2] Das Kapital, Bd. II, S. 432. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 453 f.] – [Fußnote im Original]