Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 486

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lediglich aus Kapitalisten und Arbeitern, die Kapitalakkumulation möglich sei und glatt vonstatten gehe. Es gibt also in der Bauerschen Theorie nur noch zwei Gesellschaftsklassen überhaupt: Kapitalisten und Proletarier. Aber die Kapitalakkumulation richtet sich in ihrem Wachstum nur nach der Proletarierklasse. Erst reduziert Bauer also die Bevölkerung durch seine ausdrückliche Voraussetzung auf nur Arbeiter und Kapitalisten, dann reduziert er sie stillschweigend durch seine Operationen nur noch auf die Arbeiter. Diese sind die „Bevölkerung“, deren Bedürfnissen sich das Kapital anpaßt. So ist, wenn Bauer als Basis seiner schematischen Darstellung den fünfprozentigen jährlichen „Bevölkerungszuwachs“ nimmt, zu verstehen, daß nur die Arbeiterbevölkerung um 5 Prozent jährlich wachse. Oder sollten wir hier etwa dieses Wachstum der proletarischen Schicht nur als Teilerscheinung des allgemeinen gleichmäßigen Wachstums der Gesamtbevölkerung um jährlich 5 Prozent auffassen? Aber das wäre ja eine völlig neue Entdeckung, nachdem Marx theoretisch begründet und die Berufsstatistiken längst bewiesen haben, daß in der heutigen Gesellschaft jede Klasse ihrem eigenen Bevölkerungsgesetze folgt.

Tatsächlich denkt auch Bauer nicht an ein gleichmäßiges Wachstum der Gesamtbevölkerung. Für seine Kapitalisten gilt das jedenfalls nicht, ihr jährlicher Zuwachs ist auch gar nicht 5 Prozent, wie leicht nachzuweisen.

Auf S. 835 gibt Bauer als Konsumtionsfonds der Kapitalisten in den vier Jahren nacheinander die folgenden Beträge an: 75 000, 77 750, 80 539 und 83 374. Nimmt Bauer an, daß die Löhne der Arbeiter mit diesen Zahlen genau wachsen, so dürfen wir wohl annehmen, daß die Kapitalisten in ihrer Lebenshaltung zum mindesten nicht schlechter fahren als die Arbeiter und daß auch ihr Konsumtionseinkommen mit ihrem Wachstum Schritt hält. Ist dem so, dann ergibt sich in dem Bauerschen Schema aus der Konsumtion der Kapitalisten in den vier Jahren entsprechend der folgende jährliche Zuwachs der Kapitalistenklasse: 5 Prozent im zweiten Jahre, 3,6 Prozent im dritten, 3,5 Prozent im vierten. Wenn das so weitergeht, dürften die Bauerschen Kapitalisten bald auszusterben anfangen, und dann wäre das Akkumulationsproblem in der eigenartigsten Weise gelöst. Doch wir haben uns hier nicht um die Privatschicksale der Bauerschen Kapitalisten zu kümmern, sondern es kam nur darauf an festzustellen, daß Bauer, wenn er fortwährend von Bevölkerungswachstum als Grundlage der Akkumulation spricht, fortwährend nur Wachstum der Lohnarbeiterklasse meint.

Und endlich sagt Bauer es selbst mit dürren Worten, indem er auf S. 869 ausführt: „Ihre (der Akkumulationsrate – R. L.) Vergrößerung

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