Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 409

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sondern vom Kleinbürgertum – Handwerkern und Bauern – her. (Von dem relativ kleinen Anteil der Kapitalistenklasse selbst an den Steuern sehen wir hier ab.)

Die von der Bauernmasse – die wir hier als Vertreterin der nichtproletarischen Konsumentenmasse nehmen wollen – an den Staat in Gestalt von Steuern abgeführte Geldsumme ist nicht ursprünglich vom Kapital vorgeschossen und löst sich nicht von der Kapitalzirkulation ab. Sie ist in der Hand der Bauernmasse das Äquivalent realisierter Waren, Wertniederschlag der einfachen Warenproduktion. Was hier auf den Staat übertragen wird, ist ein Teil der Kaufkraft nichtkapitalistischer Konsumenten, also Kaufkraft, die von vornherein dem Kapital dazu dient, für Zwecke der Akkumulation den Mehrwert zu realisieren. Es fragt sich, ob sich für das Kapital aus der Übertragung der Kaufkraft dieser Schichten auf den Staat zu militaristischen Zwecken ökonomische Veränderungen ergeben und welcher Art. Auf den ersten Blick handelt es sich auch hier um Verschiebungen in der sachlichen Gestalt der Reproduktion. Statt einer Menge Produktionsmittel und Lebensmittel für die bäuerlichen Konsumenten wird das Kapital im gleichen Wertbetrage Kriegsmittel für den Staat produzieren. Tatsächlich ist die Verschiebung eine tiefergreifende. Vor allem wird die durch den Mechanismus der Besteuerung vom Staate flüssig gemachte Kaufkraft der nichtkapitalistischen Konsumenten quantitativ eine viel größere sein als die, welche für ihre eigene Konsumtion tatsächlich auftreten würde.

Es ist ja das moderne Steuersystem selbst, das in hohem Maße bei den Bauern die Warenwirtschaft erst erzwingt. Der Druck der Besteuerung zwingt den Bauern, fortschreitend einen immer größeren Teil seines Produkts in Ware zu verwandeln, macht ihn aber auch gleichzeitig immer mehr zum Käufer, treibt das Produkt der Bauernwirtschaft durch die Zirkulation und verwandelt zwangsweise die Bauern erst in Abnehmer auch für Kapitalprodukte. Ferner auch unter der Voraussetzung der bäuerlichen Warenproduktion entlockt das Steuersystem der Bauernwirtschaft eine größere Kaufkraft, als sie sich ohnehin aktiv betätigen würde.

Was sonst als Ersparnis der Bauern, des kleinen Mittelstandes auf geschatzt wäre, um in Sparkassen und Banken das anlagesuchende Kapital zu vergrößern, wird jetzt im Besitze des Staates umgekehrt eine Nachfrage und Anlagemöglichkeit für das Kapital. Ferner tritt hier an Stelle einer großen Anzahl kleiner zersplitterter und zeitlich auseinanderfallender Warennachfragen, die vielfach auch durch die einfache Warenproduktion befriedigt wären, also für die Kapitalakkumulation nicht in Betracht

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