Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 380

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lionen aufgenommen, 1867 eine neue durch die Ottomanische Bank von nominell 40, in Wirklichkeit 34 Millionen. Die schwebende Schuld betrug um jene Zeit 600 Millionen. Zur Konsolidierung eines Teils derselben wurde 1868 eine große Anleihe durch das Bankhaus Oppenheim und Neffen aufgenommen von nominell 238 Millionen zu 7 Prozent, in Wirklichkeit kriegte Ismail nur 142 Millionen zu 131/2 Prozent in die Hand. Damit konnten aber das prunkvolle Fest der Eröffnung des Suezkanals vor den versammelten Spitzen der europäischen Hof-, Finanz- und Halbwelt und die dabei entfaltete wahnwitzige Verschwendung bestritten sowie ein neuer Backschisch von 20 Millionen dem türkischen Oberherrn, dem Sultan, in die Hand gedrückt werden.1870 folgte die Anleihe durch die Firma Bischoffsheim u. Goldschmidt im Betrage von nominell 142 Millionen zu 7 Prozent, in Wirklichkeit 100 Millionen zu 13 Prozent. Sie diente dazu, die Kosten der Zuckerepisode zu decken. 1872 und 1873 folgten zwei Anleihen durch Oppenheim, eine kleine von 80 Millionen zu 14 Prozent und eine große von nominell 640 Millionen zu 8 Prozent, die aber, da die von den europäischen Bankhäusern aufgekauften Wechsel zu Einzahlungen benutzt wurden, in Wirklichkeit nur 220 Millionen in bar und die Reduktion der schwebenden Schuld auf die Hälfte einbrachte.

1874 wurde noch der Versuch einer Landesanleihe von 1000 Millionen Mark gegen eine Jahresrente von 9 Prozent gemacht, der aber nur 68 Millionen ergab. Die ägyptischen Papiere standen auf 54 Prozent ihres Nennwerts. Die öffentliche Schuld war im ganzen seit Said Paschas Tode binnen 13 Jahren von 3 293 000 Pfund Sterling auf 94 110 000 Millionen Pfund Sterling, d. h. auf zirka 2 Milliarden Mark gewachsen.[1] Der Zusammenbruch stand vor der Tür.

Auf den ersten Blick stellen diese Kapitaloperationen den Gipfel des Wahnwitzes dar. Eine Anleihe jagte die andere, die Zinsen alter Anleihen wurden mit neuen Anleihen gedeckt, und riesige Industriebestellungen bei dem englischen und französischen Industriekapital wurden mit englischem und französischem geborgtem Kapital bezahlt.

In Wirklichkeit machte das europäische Kapital, unter allgemeinem Kopfschütteln und Stöhnen Europas über die tolle Wirtschaft Ismails, beispiellose, märchenhafte Geschäfte in Ägypten, Geschäfte, die dem Kapital in seiner weltgeschichtlichen Laufbahn nur einmal als eine phantastische, modernisierte Auflage der biblischen fetten ägyptischen Kühe gelingen soll. ten. Vor allem bedeutete jede Anleihe eine wucherische Operation, bei der ein Fünftel bis ein Drittel und darüber hinaus der angeblich geliehenen

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[1] Siehe Earl of Cromer: Das heutige Ägypten, Bd. I, deutsch 1908, S. 11. – [Fußnote im Original]