Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 369

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frage getäuscht und mußten sich bald durch eigene Erfahrung überzeugen lassen, wie unbegründet ihre übertriebenen Hoffnungen waren.“[1]

Hier wird die Tatsache, daß die südamerikanische Nachfrage nach englischen Waren durch englisches Kapital hervorgerufen worden war, als eine „Täuschung“, ein ungesundes, abnormes ökonomisches Verhältnis aufgefaßt. Tugan übernimmt hier unbesehen Ansichten von einem Theoretiker, mit dem er sonst nichts gemein haben will. Die Auffassung, daß die englische Krise des Jahres 1825 durch die „seltsame“ Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem englischen Kapital und der südamerikanischen Nachfrage zu erklären wäre, war zur Zeit jener Krise selbst aufgetaucht, und kein anderer als Sismondi stellte bereits dieselbe Frage wie Tugan-Baranowski und beschrieb in der zweiten Auflage seiner „Neuen Grundsätze“ die Vorgänge mit aller Genauigkeit:

„Die Eröffnung des ungeheuren Marktes, den das spanische Amerika den Produkten der Industrie darbot, scheint mir am wesentlichsten auf die Wiedererstarkung der englischen Manufakturen gewirkt zu haben. Die Regierung Englands war derselben Ansicht, und eine bis dahin unbekannte Tatkraft ist in den 7 Jahren seit der Krisis vom Jahre 1818 geübt worden, um den englischen Handel in die entlegensten Gebiete Mexikos, Columbias, Brasiliens, Rio de la Platas, Chiles und Perus zu tragen. Ehe das Ministerium sich schlüssig gemacht hatte, diese neuen Staaten anzuerkennen, hatte es schon Vorsorge getroffen, den englischen Handel durch Schiffsstationen, die dauernd mit Linienschiffen besetzt waren, zu schützen, deren Befehlshaber mehr diplomatische als militärische Befugnisse hatten. Es hat dem Geschrei der Heiligen Allianz getrotzt und die neuen Republiken anerkannt in demselben Augenblick, als ganz Europa ihre Vernichtung beschloß. Aber wie groß auch die Absatzquellen waren, die das freie Amerika darbot, sie hätten doch nicht zugereicht, um alle Waren, die England über die Bedürfnisse des Verbrauchs produziert hatte, aufzunehmen, wenn die Anleihen der neuen Republiken nicht plötzlich ohne Maß ihre Mittel, englische Waren zu kaufen, vermehrt hätten. Jeder Staat Amerikas entlieh von den Engländern eine Summe, um seine Regierung zu befestigen, und obgleich dies ein Kapital war, verausgabte er sie unmittelbar in demselben Jahre wie ein Einkommen, d. h., er verbrauchte sie gänzlich, um englische Waren für öffentliche Rechnung zu kaufen oder die zu bezahlen, die für Rechnung von Privatleuten abgesandt worden waren. Zahlreiche Gesellschaften wurden zu gleicher Zeit gegründet mit ungeheueren Kapitalien, um alle amerikanischen Minen auszu-

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[1] Tugan-Baranowski: Studien zur Theorie und Geschichte der Handelskrisen, S. 74. – [Fußnote im Original]