Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 547

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Für den Kapitalisten existiert die Mehrwertrate überhaupt nicht, nur die Profitrate. Er kommt also zum folgenden Resultat: je nach den verschiedenen Kapitalanlagen kommt er in die seltene Lage, ganz verschiedene Profitraten zu erzielen.

Er leitet seinen Profit aber unterschiedslos von der Anlage des Kapitals ab.

Diese ungleichen Profitraten wären aber eine Abnormität vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Um zu verstehen, wie das abgeändert wird, stellen wir uns folgendes vor:

Die fünf vorstehenden Kapitale gehören einem und demselben Kapitalisten. Was würde sich bei ihm ergeben, wenn er das Resultat der verschiedenen Profitraten sieht?

Wenn z. B. ein Kapitalist ein Walzwerk und ein Kohlenwerk hat, so wird er nun nicht etwa die Walzwerke abschaffen, weil er nicht so viel Profit durch sie erhält wie im Kohlenwerk. Denn er braucht das Walzwerk für sein Kohlenwerk.

Der Kapitalist wird also [die] fünf Kapitale als ein einziges Kapital ansehen, wird daraus einen Durchschnittsprofit berechnen. Er wird dann schauen, ob dieser Durchschnittsprofit so hoch ist, wie der seiner Kollegen und Konkurrenten.

Also der Privatkapitalist wird eine durchschnittliche Profitrate berechnen. Er wird die einzelnen Kapitale zusammen als Gesamtkapital betrachten.

Wie verfährt die kapitalistische Gesellschaft im ganzen?

Sie verfährt genauso, nur daß sie nicht als der Gesamteigentümer alles berechnet, sondern daß sie sich als ebenso berechtigt betrachtet wie jeder andere.

Der Kapitalist wird suchen, sein Kapital aus der Anlage herauszuziehen, die ihm nicht so viel Profit bringt. Das werden andere Kapitalisten auch machen. Sie stecken ihr Kapital in die Betriebe, die höheren Profit erzielen. Das ergibt dort einen Zufluß und bei den alten Betrieben, von denen sich die Kapitalisten abwenden, einen Abfluß von Kapital und daher ein Steigen der Profitrate.

Ein Zufluß von Kapitalien ergibt Erhöhung der Produktion, dadurch großer Absatzmarkt nötig, der sich aber nicht nach den Kapitalien richtet, daher Herabsetzung der Preise.

Was wird’s in den Anlagen ergeben, von denen das Kapital abfließt? Dort wird eine Einschränkung der Produktion erfolgen, es wird eine steigende Nachfrage nach diesen Waren eintreten, die Preise werden steigen und die Profitrate sich steigern.

Wie weit wird das Steigen und Fallen der Profitrate in beiden Betrieben gehen? So weit, bis die Profitrate die mittlere Höhe erreicht hat.

Was hat Einfluß auf diese mittlere Höhe?

Die gesellschaftliche Nachfrage, das gesellschaftliche Bedürfnis. Es muß in beiden Fällen gesättigt werden.

Müssen wir annehmen, daß es ständig folgendermaßen ist: Nachdem die Preise in den profitabelsten Zweigen herabgedrückt sind, so daß sie keine abnorm hohe Profitrate erzielen, fließen die Kapitale wieder in die alten Betriebe?

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