Handschriftliche Fragmente über Widersprüche und Tendenzen des Kapitalismus
[1]Widersprüche
1. Zu den eigenen Ausgangspunkten
a) Austausch gleicher Werte schla schlägt um in immer größere Ungl[eichheit].
b) Unabhängige einzelne Warenprod[uktion] (daher war der Austausch notw[endig]) – immer größere Zusammenf[ührung] Großer Handwerkzeug in Maschinen, Großbetrieb. Damit:
c) Freie Konkurrenz schlägt um in Monopol u. Konkurr[enz] Stachel des techn[ischen] Fortschritts. Damit ferner:
[1] Überschrift der Redaktion. – Die Fragmente sind auf unterschiedlich getöntem Papier (braun, hellbraun, beige) von ungenormter Größe zwischen DIN A4 und DIN A5 geschrieben, je zur Hälfte mit Bleistift und mit Tinte. Auf einigen mit Bleistift geschriebenen Seiten befinden sich Ergänzungen mit Tinte. Ihr Abdruck erfolgt in der Reihenfolge, wie sie im Archiv aufbewahrt sind. – Es handelt sich bei den Fragmenten wahrscheinlich um die bei Jürgen Kuczynski verbliebenen Autographen. Über deren Herkunft und Existenz heißt es bei ihm: „Ich wurde Nachfolger von Tucholsky als Volontär in einer Bank und habe, bevor ich 1926 nach Amerika ging, ein Jahr dort gearbeitet und lernte einen jungen Bankbeamten namens Degenhardt kennen. Wir wurden gute Freunde. Die Bank hieß Bett, Simon & Co., Simon war ein ganz linker Sozialdemokrat, und ganz offenbar hatte Anfang 1933 Paul Frölich, der den Nachlaß von Rosa Luxemburg verwaltete und herausgab, aus Furcht vor Beschlagnahme, das Material, das er von Rosa hatte, dem Bankier Simon gegeben. Eines Tages rief mich mein Freund Degenhardt an und meinte, er müsse mich gleich sprechen. Er kam und sagte, er sei bei dem Chauffeur von Simon gewesen, als dieser alle möglichen Sachen verbrannt habe. Und was war unter den Sachen, die er verbrennen wollte? Rosas Nachlaß. Degenhardt nahm sofort alles, was noch übrig war, an sich, darunter das Manuskript des Buches über die Nationalökonomie von Rosa sowie zahlreiche Notizen von ihr und gab mir alles. Mit Hilfe der Sowjetunion habe ich die Unterlagen mit nach England ins Exil nehmen können und auch wieder zurück in die DDR. Ich schenkte Wilhelm Pieck zu seinem 75. Geburtstag das Manuskript von Rosas Buch über die Nationalökonomie. Ich glaube, es war Gomul⁄ka, dem ich eine Reihe von Rosas Notizen über Polen schenkte. Der Rest ist in meinem Besitz.“ Siehe Jürgen Kuczynski: Freunde und gute Bekannte. Gespräche mit Thomas Grimm, Berlin 1997, S. 179 f. – Ders.: Memoiren. Die Erziehung des J. K. zum Kommunisten und Wissenschaftler, Berlin 1971, S. 101–105. Über den Bankier, Kultur- und Literaturmäzen Hugo Simon siehe auch Rafael Cardoso: Das Vermächtnis der Seidenraupen. Geschichte einer Familie. Deutsch von Luis Ruby, Frankfurt am Main 2016, bes. S. 417 ff. Das Buch Einführung in die Nationalökonomie siehe in: GW, Bd. 5, S. 524 ff. – Sechs handschriftliche Seiten „Kritische Bemerkungen zum Artikel ‚Die Polendebatte in Frankfurt‘ von Friedrich Engels für Franz Mehring“ aus Archivum Akt Nowych (ANN) Warschau, siehe GW, Bd. 6, S. 355 ff. – Das gegenüber Mehring von Rosa Luxemburg erwähnte Manuskript zur polnischen Geschichte entdeckte Holger Politt 2015 im AAN, Warschau. Es sind 17 handschriftliche Seiten, aus denen er einige Absätze in seiner Publikation Arbeiterrevolution 1905/06. Polnische Texte, Berlin 2015, S. 66, Fußnote 2 zitiert hat. Wie aus einem Brief vom 1. März 1952 hervorgeht, hat Jürgen Kuczynski dieses Manuskript dem Präsidenten der Volksrepublik Polen, Bolesl⁄aw Bierut, übergeben. „Verehrter Genosse Präsident: Erlauben Sie mir, Ihnen und durch Sie dem polnischen Volk eine Gabe zu überreichen.
Es handelt sich um einige Manuskriptseiten der großen revolutionären Kämpferin Rosa Luxemburg, deren Werke und Taten sowohl zum nationalen Kulturerbe des polnischen wie auch des deutschen Volkes gehören. Sie wurden von einem deutschen Genossen im Jahre 1933 unmittelbar vor der Verbrennung gerettet. Er brachte sie mir zur Aufbewahrung, und ich konnte sie, als ich im Jahre 1936 Deutschland verlassen mußte, mit Hilfe sowjetischer Freunde mit mir nehmen. Seit 1933 sind sie ein kostbarer Schatz meiner Bibliothek gewesen. Aber da sie von polnischer Geschichte handeln, war ich mir stets bewußt, daß ich sie gewissermaßen nur in Verwahrung für das werktätige Polen halte. Die Gelegenheit meines gegenwärtigen Besuchs ist darum für mich zugleich der Moment, diese kostbaren Seiten (mit Kenntnis meiner Partei) an die zurückzugeben, denen sie im Grunde immer gehört haben, an die Werktätigen der Volksdemokratie Polen.
Herr verehrter Genosse Präsident, das Beste für Ihre Gesundheit und Arbeit wünschend, verbleibe ich mit dem Ausdruck meiner großen Freude und Dankbarkeit, in ihrem Land verweilen zu können, und mit sozialistischem Gruß Ihr Jürgen Kuczynski.“ Siehe AAN, Warschau, 2/1223/63/VI–3, 29.