Praktische Nationalökonomie – 2. Band des „Kapitals“ von Marx
Der Charakter des 2. Bandes[1] ist ziemlich abweichend von dem des 1. Bandes. Der zweite Band hat mehr einen wissenschaftlich theoretischen Charakter. Er behandelt Probleme, die nicht erlauben, unmittelbare Nutzanwendungen für das praktische Leben, z. B. für die Agitation, daraus zu ziehen. Dagegen ist er namentlich zur Lösung der Krisenfrage wichtig. Sonst ist der 2. Band leider ein Kapital, das bisher nicht benutzt worden ist, das nicht gewuchert hat.
Wenn wir das ganze „Kapital“ lesen wollen, so empfiehlt uns Genossin Luxemburg, „mit ruhigem Gewissen“ zunächst den 2. Band auszulassen und den dritten zu lesen. Der 3. Band behandelt Probleme, die sich mehr direkt mit den Beobachtungen eines gewöhnlichen Menschen im praktischen Leben berühren.
Der 2. Band behandelt den Zirkulationsprozeß des Kapitals.
Der Zirkulationsprozeß des Kapitals ist der Gesamtprozeß des Kapitals. Er umfaßt den Einkauf von Rohstoffen, von Produktionsmitteln, den Produktionsprozeß selbst und den Verkauf der Waren. Der Zirkulationsprozeß bildet die ganze Rundreise des Kapitals.
Der 1. Band behandelt den mittleren Abschnitt, der der ausschlaggebende ist, der wichtigste, weil er zeigt, wie der Mehrwert entsteht.
Zum Zirkulationsprozeß des Kapitals gehören nicht nur die einzelnen Prozesse, sondern auch gewisse Zeitperioden, die von den Bedingungen des Warenaustauschs auf dem Markt abhängen.
Je nach dem Produktionszweig, in dem sich das Kapital betätigt, und je nach dem Stand des Marktes dauern diese Zeitperioden kürzer oder länger, die Zeitperioden, die der Ankauf des Materials, die Herstellung der Waren und der Verkauf beanspruchen.
Zunächst die Erwerbung der Produktionsmittel. Es gibt Zweige, in denen die Rohstoffe und Werkzeuge an Ort und Stelle hergestellt werden. Beim Bergbau z. B. fällt die Zeit zur Anschaffung von Rohstoffen ganz weg. In anderen, den bearbeitenden Zweigen, kommt die Bearbeitung der Rohstoffe hinzu. Je nachdem, ob diese Rohstoffe weit hergeholt werden müssen oder in der Nähe hergestellt werden, dauert die Zeit ihrer Herbeischaffung länger oder kürzer.
Je nachdem, wo die Absatzmärkte liegen, dauert die Zeit zum Absatz länger oder kürzer. In der Lebensmittelbranche zum Beispiel tritt die Realisierung der Waren sofort nach der Produktion ein und in ununterbrochenem Fluß.
In der Bekleidungsbranche, in der in Perioden gearbeitet wird, ist die Produktion dagegen an größere Zeitabschnitte gebunden, in denen größere Massen auf einmal
[1] Siehe Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Zweiter Band. Buch II: Der Zirkulationsprozeß des Kapitals. Hrsg. von Friedrich Engels. In: MEW, Bd. 24.