Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 116

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-7-1/seite/116

Manuskript für einen Abschnitt in Franz Mehrings Karl-Marx-Biographie

[1]

(Inhaltsangabe des II. u. III. B[andes] des „Kapitals“)[2]

Der zweite u. dritte Band des „Kapitals“ sind nicht, wie der erste, von Marx druckfertig gestellt worden. Langjährige Krankheit und schließlich der Tod hatten ihn verhindert, das große Werk zu vollenden, u. so hat sein Friedrich Engels die beiden Bände aus den unfertigen Manuskripten zusammengestellt, die sein Freund hinterlassen hatte.[3]

Nächste Seite »



[1] Überschrift der Redaktion.

[2] In einem Brief an Eva und Franz Mehring vom 22. Mai 1914 sagte Rosa Luxemburg zu, für die Karl-Marx-Biographie einen Beitrag zu schreiben. „Die Kapitelchen über ‚Kapital‘ II und III werde ich Ihnen mit tausend Freuden als Brouillon unterbreiten, ich popularisiere sie ja jedes Jahr in der Schule. Sie brauchen mir nur anzugeben, für wann und in welchem Umfang ich da etwas bereiten soll.“ GB, Bd. 4, S. 347. Franz Mehring war sich der Schwierigkeit bewußt, in einer Biographie der Analyse der wissenschaftlichen Schriften von Karl Marx gerecht zu werden. Er kürzte den Untertitel seiner Marx-Biographie auf „Geschichte seines Lebens“. In seinem Vorwort vom März 1918 schrieb er: „Schon für die Aufgabe, im engen Rahmen meiner Darstellung ein durchsichtig klares Bild vom zweiten und dritten Bande des „Kapitals“ zu geben, habe ich die Hilfe meiner Freundin Rosa Luxemburg angerufen. Die Leser werden es ihr ebenso danken wie ich selbst, daß sie meinem Wunsche bereitwillig entsprochen hat; der dritte Abschnitt des zwölften Kapitels ist von ihr verfaßt worden. Es macht mich glücklich, dieser Schrift ein Schmuckstück ihrer Feder einzuverleiben, wie es mich nicht minder glücklich macht, daß unsere gemeinsame Freundin Clara Zetkin-Zundel mir gestattet hat, mein Schifflein unter ihrem Wimpel auf die hohe See zu senden. Die Freundschaft dieser Frauen ist mir ein unschätzbarer Trost gewesen, in einer Zeit, in deren Stürmen so viele ‚mannhafte und unentwegte Vorkämpfer‘ des Sozialismus davon gewirbelt sind wie dürre Blätter im Herbstwind.“ Franz Mehring: Gesammelte Schriften, Band 3, Karl Marx, Geschichte seines Lebens, Berlin 1960, S. 6; in der Erstausgabe 1918, S. XII. In seinen Anmerkungen zur Marx-Biographie würdigt Mehring Rosa Luxemburg unter dem Stichwort „Das Kapital“ wie folgt: „Die gewaltige Literatur über das klassische Werk zeichnet sich mehr durch ihren Umfang als durch ihren Inhalt aus, was nicht nur von den Gegnern gilt. Am nächsten dem Vorbilde kommt durch Fülle der Kenntnisse, Glanz der Sprache, logische Schärfe der Untersuchung, Unabhängigkeit der Denkarbeit, und zugleich über seine Grenzen hinaus die wissenschaftliche Erkenntnis erweiternd, Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus, Berlin 1913. Die Art, wie dies Werk namentlich von den sogenannten Austromarxisten (Eckstein, Hilferding usw.) heruntergerissen wurde, gehört zu den Glanzleistungen des Marxpfaffentums.“ Ebenda, S. 548; in der Erstausgabe 1918, S. 541.

Aus Briefen von Franz Mehring an Freunde geht hervor, daß er auf den Druck seiner Marx-Biographie lange warten mußte. Am 7. November 1917 schrieb er: „Daß Ihnen meine Marx-Biographie gefallen hat, freut mich ungemein. Leider besitze ich keine Aushängebogen mehr, sonst würde ich sie Ihnen gern schicken. Die ich besaß, sind längst in den Gefängnissen zerstreut, in denen unsere Freunde schmachten. Im Manuskript ist das Buch fertig, aber der Druckerei fehlen Arbeitskräfte und wann es erscheinen kann, ist ganz ungewiß.“ – „Mein Buch ist immer noch nicht heraus“, klagte er am 9. Mai 1918, „Dank der Tücke der Zensur, die es nicht ganz zu verbieten wagt, wie sie wohl möchte.“ SAPMO-BArch, NY 4043/9, Bl. 2 und Bl. 6.

[3] Franz Mehring veränderte die ersten zwei Sätze. Bei ihm steht: „Mit dem zweiten und dritten Bande seines Werkes hatte Marx dasselbe Schicksal wie mit dem ersten; er hoffte, sie bald nach dessen Erscheinen veröffentlichen zu können, aber darüber vergingen lange Jahre, und es ist ihm nicht mehr gelungen, sie druckfertig herzustellen. Immer neue und immer tiefer dringende Studien, langwierige Krankheiten und endlich der Tod hinderten ihn, das ganze Werk zu vollenden, und so hat Engels die beiden Bände aus den unfertigen Manuskripten zusammengestellt, die sein Freund hinterlassen hatte.“ Marx-Biographie, S. 378; in der Erstausgabe 1918, S. 378. Im weiteren hat Mehring den Text Luxemburgs inhaltlich voll und ganz übernommen. Die Lesbarkeit erhöhte er durch mehr Absätze, Ersatz mancher Begriffe, stilistische und syntaktische Verbesserungen. Streichungen hat er respektiert, Abkürzungen ausgeschrieben und auf wenige unterstrichene Hervorhebungen verzichtet. Siehe GW, Bd. 4, S. 291 ff.