Aber die kapitalistische Gesellschaft ist nicht das letzte Glied in der Entwicklung; an ihre Stelle wird die sozialistische Gesellschaft treten. Auch hier ist wieder Produktionsmittel und Arbeitskraft vereinigt, die Produktion ist nur ein Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse der Gesellschaft. Die Produktionsmittel gehören auch dann keinem Eigentümer, sondern der Gesellschaft. Aber diese Gesellschaft besteht nur aus den Arbeitskräften selbst. Es ist also so wie bei den urchristlichen Gemeinden, mit dem Unterschied, daß hier die Organisation bewußt, planvoll vor sich geht, während dies bisher instinktartig geschah. Den Übergang von der kapitalistischen zur sozialistischen Gesellschaft müssen wir durch bewußte Organisation der Gesellschaft und durch eine dem Kapitalismus Halt gebietende Willensäußerung erzwingen.
Das ist eben der Unterschied zwischen uns Marxisten und den sogenannten Revisionisten, welche meinen, die sozialistische Gesellschaft wachse von selbst aus der kapitalistischen ganz mechanisch heraus.
Daß dies nicht der Fall ist, sieht jeder ein, der das Wesen des Kapitalismus kennt. Der Übergang von der kapitalistischen zur sozialistischen Gesellschaft, der kommen muß, ist wie Engels so schön sagt, der letzte Sprung aus dem Tierreich ins Menschentum.[1]
LAB, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 12994, Bl. 72-83 R.
Erstveröffentlichung von Auszügen durch Eckhard Müller: Rosa Luxemburgs öffentlicher Vortragszyklus zur Nationalökonomie im Herbst 1907. Sechs unbekannte Berichte der Berliner Politischen Polizei. In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung 2013/II, Mai 2013, S. 123-138.
[1] Siehe Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft („Anti-Dühring“). In: MEW, Bd. 20, S. 264, wo es heißt: „Damit erst scheidet der Mensch, in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus tierischen Daseinsbedingungen in wirklich menschliche […] Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit.“