Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 508

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auf den Markt geworfen werden, an die „Saison“. Die Realisierung der Waren währt hier längere Zeit.

Auch in der Produktionsperiode selbst sehen wir größere Verschiedenheiten. Abhängig vom Stand der Technik und den Eigenschaften der Produktionsperiode. In gewissem Grad kann gesagt werden, daß die Länge der Produktionsperiode durch den technischen Fortschritt verkürzt wird. Z.B. ist es heute im Gegensatz zu früher möglich, daß Produkte, die, ehe sie ganz fertiggestellt werden, getrocknet werden müssen, durch chemische Prozesse getrocknet werden. Früher war man auf die natürliche Trocknung angewiesen.

Die Transportmittel und ihre Entwicklung kürzen die Zeit ungemein ab, die das Kapital braucht, die Waren herzustellen und loszuwerden.

Die Entwicklung der Produktion auf dem Weltmarkt gibt dem Kapital die Möglichkeit, sich die Beschaffung der Rohprodukte zu erleichtern.

Dazu kommt noch der Ausbau des Kreditwesens, das die allgemeine Warenproduktion beschleunigt. [1]

Die technische Entwicklung geht dahin, die Umschlagszeit des Kapitals abzukürzen. Aber zwischen den einzelnen Produktionszweigen bestehen doch große Unterschiede. Daraus ergibt sich für die Produktion von Mehrwert eine wichtige Folge:

Die Masse des Mehrwerts, die ein Kapital erzielt, hängt ab von der Größe des variablen Kapitals in einer gewissen Zeitspanne. Man nimmt nun drei gleiche Kapitale an, gleich variabel, gleicher Ausbeutungsgrad. Alle drei haben verschiedene Umschlagszeit. Das eine schlägt aller drei Monate um (d. h. nach drei Monaten hat der Kapitalist alles wieder in Geld verwandelt), das andere aller Jahre und das letzte aller zwei Jahre. Bei völliger Einhaltung des Wertgesetzes und bei völliger Berechnung und Ableitung des Mehrwerts nur aus dem variablen Kapital müßte auf Grund der verschiedenen Umschlagszeiten eine große Ungleichheit des Mehrwerts zwischen den einzelnen Kapitalen entstehen.

Es kommt also zu den Fragen, die der 1. Band des „Kapitals“ behandelt hat,[2] die Frage hinzu: Wie verteilt sich der Mehrwert unter die einzelnen Kapitale, damit einerseits das Wertgesetz nicht verletzt wird, (d. h. das Gesetz, nach dem die Waren zu der Masse von Arbeit verkauft werden, die in ihnen steckt), und damit andererseits die Kapitale gleiche Profite bekommen?[3]

Wenn kein Ausgleich stattfände, so würden die Kapitalisten ihre Kapitale in den Industriezweigen anlegen, die eine möglichst kurze Umschlagszeit haben. Das würde Einfluß auf den Produktionsprozeß haben: Die Preise würden sich verringern und dadurch auch der Mehrwert.

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[1] Siehe ebenda, S. 119, 188, 236 ff., 322 ff.

[2] Siehe Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: MEW, Bd. 23.

[3] Siehe MEW, Bd. 24, S. 296 ff. und 423 ff.