Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 525

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Diese Blüte der englischen Arbeiterklasse wurde durch den Baumwollhunger für einige Jahre aller Existenzmittel beraubt, gänzlich ruiniert.

Vom Herbst des Jahres 1861 wächst die Arbeitslosigkeit so, daß öffentliche und private Wohltätigkeit stark eingreifen müssen.

Seit Januar 1862 nahm die Arbeitslosigkeit ganz bedrohliche Ausdehnung an. Im Frühjahr 1862 war Einschränkung der Produktion so groß, daß im April in Manchester von den 47504 Arbeitern, die sonst in Manchester in der Baumwollindustrie beschäftigt waren, nur 23722 voll beschäftigt waren, dagegen 15393 halb beschäftigt und 8369 ganz arbeitslos. Das bezieht sich alles nur auf die Stadt Manchester.

In einem anderen Zentrum der Baumwollindustrie, in Blackburn und Umgegend, waren von 40000 Arbeitern 8459 ganz arbeitslos, die Mehrzahl der übrigen arbeitete nur zwei bis vier Tage in der Woche. Die Arbeiter mußten ihre Möbel, ihre Betten verkaufen, und die Frauen und Kinder dieser stolzesten Arbeiterklasse mußten auf der Straße von Haus zu Haus betteln gehen.

Das stand alles beschrieben in Briefen der Arbeiter in den bürgerlichen Zeitungen.

Im Mai des Jahres 1862 erreichte die Zahl der Arbeitslosen in der Grafschaft Lancashire 58000, nach anderen [Quellen] aber sogar 100000.

Nach den Arbeitern wurden die Kleinhändler im ganzen Distrikt ruiniert, die an die Existenz der Arbeiter gebunden waren. Die lokale Unterstützungstätigkeit reichte nicht aus. In London wurde unter Vorsitz des Oberbürgermeisters von London ein zentrales Unterstützungskomitee gegründet.

Zugleich beginnt ein sehr charakteristischer Kampf der arbeitslosen Arbeiter mit den lokalen Armenbehörden. Die Unterstützung wurde nur gewährt, wenn sich der Unterstützte fügte, eine Verpflichtung vom Arbeitshaus aus einzugehen. Das waren die niedrigsten, gröbsten Erdarbeiten: als Straßenkehrer und Steinklopfer. Sehr bezeichnend und für uns sehr interessant ist der Zug durch die ganze Krise: Die Lancashirer Arbeiter haben sich dieser Bestimmung nicht fügen wollen. Haben erklärt, sie wollten nicht auf eine solche Arbeitsweise herabgedrückt werden, zu der sie nicht befähigt waren. Es gehörten zu dieser Arbeit die größten physischen Kräfte, die die Baumwollspinner nicht hatten.

Die Arbeiter eröffneten einen erbitterten Kampf mit den lokalen Armenbehörden. Die Losung war: 1. Auszahlung der Unterstützung in Geld und nicht in Naturalien. Die Arbeiter sagten: Wir sind keine Bettler, die Suppen kriegen. Sie wollten über ihr Geld disponieren. 2. Abschaffung der Zwangsarbeiten in den Arbeitshäusern.

Die Arbeiter waren so hartnäckig darin, daß sie eine großartige Aktion entwickelten. In einer Stadt nach der anderen hielten sie gewaltige Versammlungen ab, in der die Frage der Unterstützung diskutiert wurde. Haben darin immer erklärt, sie wären nicht Bettler, sie sind um ihre Arbeit durch die anderen Leute gebracht. Sie wollten eine öffentliche Organisierung der Hilfe, die ihrem Ehrgefühl entsprach. Sie verlangten, daß man ihnen statt der Zwangsarbeit Schulen gründete, damit sie während der Zeit

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