Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 499

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gang vom Vieh als Tauschmittel zum Metall als Tauschmittel vollzieht sich gleichzeitig mit dem Übergang von der Viehzucht zum Ackerbau.

Der Ackerbau braucht das Metall zu Geräten. Seine Verwendbarkeit steigt mit der Entwicklung der Werkzeuge und Waffen und ihrer technischen Herstellung. Das Metall wird ein allgemein begehrtes Konsumtionsmittel.

Der Gang der Entwicklung spiegelt sich schon im Wort. Geld heißt lateinisch: pecunia. Diese Bezeichnung aber ist abgeleitet von pecus, lateinisch: das Vieh. Interessant ist ferner, daß die ersten Münzen sehr oft das Bild eines Ochsen, eines Schafes, d. h. derjenigen Tiergattung trugen, deren man sich früher als allgemeines Tauschmittel bedient hatte.[1]

Vieh und Metall sind nicht die einzigen Produkte, die die Bedeutung eines Tauschmittels erhielten. Bei den Arabern z. B. sind es Datteln, bei vielen Naturvölkern Afrikas Kaurimuscheln.[2] Auch letztere stehen im Rang eines allgemein begehrten Konsummittels. Sie dienen als Schmuck, der hier die Bedeutung eines Unterscheidungsmerkmals der verschiedenen Stämme, Ränge und Altersklassen hat.

Daran ist durchaus nichts Sonderbares. Gewinnen doch auch bei uns trotz einer ungleich höheren Kulturstufe an sich wertlose oder geringwertige Abzeichen große Bedeutung als Merkmale bestimmter Rang- und Standeseigenschaften ihres Trägers.

Vieh und Metall gewannen nun eine hervorragende Bedeutung. Der Kreis, den sie beherrschten, war ein weit größerer. Wie schon gesagt, wurde das Vieh als Tauschmittel durch das Metall verdrängt bei dem Übergang von der Viehzucht zum Ackerbau. Die Verdrängung vollzog sich nicht plötzlich und nicht überall gleichzeitig, sondern allmählich und in gleichem Tempo wie jener Übergang. Lange Zeit galten beide als gleichwertige Tauschmittel nebeneinander.

In Homers Gesängen (11. Jh. v. Chr.) werden Ochsen und Kupfer und Eisen nebeneinander als Tauschmittel genannt.[3]

Das Metall konnte das bedeutendste vor allen anderen werden, weil es in höherem Maße als alle anderen die physikalischen Eigenschaften besaß, die es dazu besonders geeignet machten.

Man kann dem Metall alle Konsumeigenschaften nehmen, und es läßt sich jederzeit wieder in seinen früheren Zustand als Konsummittel zurück verwandeln. Das ist sein Vorzug.

Das Metall wird zum Tauschmittel, das den gesamten Tauschverkehr beherrscht.

Doch der Umfang des Tauschverkehrs ist wandelbar. Er schwankt und ist im voraus nie fixierbar. Also läßt sich auch die Menge des Tauschmittels, die der Tauschverkehr in jeder Zeit erfordert, nie im voraus genau feststellen.

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[1] Siehe Einführung in die Nationalökonomie: In: GW, Bd. 5, S. 710 ff.

[2] Siehe William Stanley Jevons: Geld und Geldverkehr, Leipzig 1876, S. 19 ff.

[3] Siehe Einführung in die Nationalökonomie. In: GW, Bd. 5, S. 722 f.