Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 496

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nicht als Vergütung für seine Arbeit, sondern als vollberechtigtes Glied der Gesellschaft. Das Mehr oder Weniger richtet sich nach dem Durchschnitt des gesellschaftlichen Reichtums. Die zur Produktion seiner Lebensmittel aufgewendete Arbeit wird wiederum bestimmt durch die Bedürfnisse der Gesamtheit. In der organisierten Gesellschaft läßt sich Leistung und Gegenleistung nicht aneinander messen. Eine reiche Ernte, die auch dem Schuster ein reicheres Maß von Lebensmitteln zuführt, erfordert nicht mehr Schuhe. Hier besteht kein genaues Verhältnis. Hier findet also kein Austausch statt.

In der kommunistischen Gesellschaft erhält jeder, was er braucht, als Glied der Gesellschaft.

In der Sklavenwirtschaft, weil er erhalten werden muß.

In der planlosen Wirtschaft produziert jeder soviel, als nötig ist, um Lebensmittel dafür einzutauschen. Seine Bedürfnisse bestimmen den Umfang seiner Produktion.

In der organisierten Gesellschaft war jede Arbeit von vornherein gesellschaftlich notwendige Arbeit.

In der planlosen Wirtschaft ist jedes Produkt vom ersten Griff an Privatarbeit. Die Arbeit verwandelt sich in gesellschaftlich notwendige Arbeit erst nach dem Austausch. Erst wird produziert und dann das Bedürfnis geregelt. Niemand ist ohne weiteres sicher, ob er für seine Arbeit auch seinen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum erhalten wird.

Der Austausch ist somit der Ersatz für die planmäßige Organisation der Arbeit. In der planlosen Wirtschaft ist gesellschaftlich notwendige Arbeit, die es immer und zu jeder Zeit geben muß, nicht mehr die Summe der Arbeit arbeitender Menschen. Jede Arbeit ist erst Privatarbeit, und gesellschaftlich notwendige Arbeit wird sie erst nach dem Austausch, der aber erst nach Beendigung der Produktion eintritt. Gesellschaftlich notwendige Arbeit ist jetzt die Summe der ausgetauschten Produkte.

Zum Austausch gelangen nur Produkte, die gebraucht werden können. Der Tauschwert eines Produktes ist seine Eigenschaft, gebraucht zu werden.[1] Dann erst, wenn es gebraucht wird, ist ein Produkt gesellschaftlich notwendige Arbeit, hat es Tauschwert. Bis dahin ist jedes Produkt wertlose Privatarbeit.

Der Austausch ist also das Merkmal der planlosen Produktion.

Deshalb wird es auch in der sozialistischen Gesellschaft keinen Austausch geben können. Austausch ist nur möglich, wenn der Gesellschaft die Organisation fehlt.

Die Arbeit ist für jeden einzelnen die Vorbedingung seiner Existenz. Ohne Arbeit kann er nicht existieren.

Wie viel und was für Arbeit zur Erhaltung der Gesellschaft notwendig ist, wird im Prozeß des Austauschs festgestellt. Was darüber hinaus produziert wurde, bleibt auf dem Markte liegen. Es bleibt wertlose Privatarbeit.

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[1] Es handelt sich hier um den Gebrauchswert, nicht um den Tauschwert des Produkts.