Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 486

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Alle diese aufblühenden Städte kamen, nachdem sie 1455 unter Spanien kamen, in gewaltigen historischen Konflikt mit der katholischen Kirche und der spanischen Despotie, die in Spanien zur höchsten Macht geworden war. In Spanien herrschte die Inquisition.

Das war der heftigste Kampf gegen die Renaissance.

Und nun machen sich die Kaufleute in Holland zu den Verfechtern der Handels-, Denk- und Glaubensfreiheit.

Der Handel brauchte Handels-, das Gewerbe Gewerbefreiheit, aber die spanische Politik unterband alles.

Gleichzeitig kommt dann aus Italien über Frankreich der Humanismus. In Holland die früheste Aufnahme des Calvinismus.

In Wirklichkeit liegt auf dem Grund des Kampfes zwischen Holland und Spanien ein ökonomisch-sozialer Konflikt, der Konflikt zwischen dem naturalwirtschaftlichen Feudalismus und der neu aufkommenden Entwicklung, der aufkommenden Manufaktur.

Der aufkommende Absolutismus brauchte Gold, um mit dem Feudalismus zu kämpfen, die Heere zu erhalten usw.

Die Politik der holländischen Kaufleute in den Kolonien ging dahin, Rohprodukte von den fremden Ländern zu beziehen und auch Arbeitskräfte – Sklavenhandel.

Durch die Unterwerfung Hollands unter Spanien prallten diese beiden Kämpfe aufeinander.

All die aufblühenden holländischen Städte kamen, nachdem sie unter spanische Herrschaft geraten waren, in steten Konflikt mit der katholischen Kirche, die in Spanien zu höchster Macht gelangt war. Die Inquisition suchte die aufstrebende neue Zeit im Blute der Gemordeten zu ersticken. Die holländischen Städte werden zu Vorkämpfern der Gewerbefreiheit, der Denkfreiheit, der Glaubensfreiheit, die im Kampfe mit Spanien errungen wurden. Der aufstrebende Humanismus verstärkte den Kampf, bedingte ihn aber nicht allein, vielmehr waren er sowohl wie auch diese Kämpfe Produkte der beginnenden ökonomischen Umwälzung.

Die Holländer waren die ersten, die moderne Kolonien gründeten.[1] (Indonesien!)[2] Während die alte spanische Kolonialpolitik die Sucht nach blankem Golde als einziges Streben kannte, gipfelte die holländische Kolonialpolitik in dem Bemühen, die Entwicklung des Handels durch Herbeischaffung von Rohprodukten, Waren zu fördern. Holland war Spanien unterworfen, beide Tendenzen mußten zusammenprallen. Es entbrennen 80jährige Kämpfe, deren erste Periode von 1565–1598, deren zweite von 1621–1648 dauerte. Das Resultat der ersten Phase des Kampfes ist der Abfall der Niederlande von Spanien und die Gründung einer Republik. Erst nach der zweiten Phase des Kampfes hat das geschlagene Spanien die Unabhängigkeit und die Republik anerkannt.

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[1] Die Niederlande waren im 17. Jh. eine der bedeutendsten Kolonialmächte der Welt. 1619 wurde Batavia auf der Hauptinsel Java als Hauptsitz der Vereinigten Niederländischen Ostindien-Kompanie gegründet und baute ein Gewürzmonopol auf. Um 1650 erreichte das niederländische Handelsimperium seinen Höhepunkt. Die Hälfte des Welthandels wurde von den Niederländern umgeschlagen. Nach 1799 übernahm die niederländische Regierung Java und die weiteren Inseln des Archipels als Kolonie Niederländisch-Indien.

[2] In der Quelle: (Indien!).